Ein neuer Lebensmittelladen lässt auf sich warten. SPD-Politiker wollen eine Übergangslösung. Seit der Nah und Gut dicht gemacht hat, haben insbesondere Ältere Menschen keinen zu Fuß erreichbaren Lebensmittelladen mehr zur Verfügung.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Dürrlewang - Zwei Dinge sind bei Hans Martin Wörners Vortrag am Dienstag in der Awo-Begegnungsstätte deutlich geworden. Zum einen, dass der Kommunalwahlkampf in Stuttgart mittlerweile auf Hochtouren läuft. Zum anderen, dass die Verbesserung der Nahversorgung derzeit das wichtigste politische Thema für die Dürrlewanger ist. Denn seit der Nah und Gut dicht gemacht hat, haben insbesondere die älteren Menschen in der Siedlung keinen Lebensmittelladen mehr, den sie ohne Probleme zu Fuß erreichen könnten.

 

Mit der Nahversorgung war es einst viel besser

Dass das mal ganz anders war, das zeigten die alten Fotos und Geschichten, die Wörner zu Beginn der Veranstaltung unter der Überschrift „Dürrlewang gestern und heute“ präsentierte. Wörner selbst ist Dürrlewanger mit Leib und Seele und sammelt seit Jahren alles, was mit dem Stadtteil zu tun hat. In seinem Vortrag erinnerte er nicht nur daran, wie Dürrlewang vor mehr als 55 Jahren entstand, wie die Neuankömmlinge in der Siedlung von den Menschen als „Zigeuner“ beschimpft wurden und wie lange es gedauert hat, bis man eine eigene Schule hatte. Er zeigte auch, dass das mit der Nahversorgung in dem Stadtteil einst viel besser war. Da gab es nicht nur Bäcker, Metzger und Milchläden, sondern mit dem „Supermarkt“ Golze auch einen der ersten Selbstbedienungsläden überhaupt. Die Jugendlichen konnten ins Kino „Astoria Palast“ gehen, die Frauen im Schuhgeschäft bummeln und die Männer abends in der Kneipe ein Bier trinken.

Dürrlewang wird Soziale Stadt

Das meiste ist Vergangenheit. Heute bescheinigt eine Studie der Siedlung städtebaulichen Nachholbedarf. Darum ist Dürrlewang in ein Förderprogramm aufgenommen wurden, ähnlich dem Projekt „Soziale Stadt“, von dem der Fasanenhof profitiert hat. „Doch was bedeutet dieses neue Förderprogramm nun konkret für die Menschen, die hier leben“, fragte Nele Bonner. Sie ist die Leiterin der Awo-Begegnungsstätte und hatte zu dem Vortrag mit anschließender Diskussion eingeladen.

„Wir wollen nicht die typische Lidl-Kiste“

Die Antwort gab der SPD-Stadtrat Hans Pfeifer. „In Dürrlewang gibt es heute eine Reihe objektiver Probleme“, sagte er, und nannte an erster Stelle die fehlende Nahversorgung. Er erinnerte daran, dass der Discounter Lidl Interesse an dem Grundstück hat, wo sich einst der Nah und Gut befand und er versprach, dass es dort bald wieder einen Lebensmittelladen geben werde. „Aber wir wollen nicht die typische Lidl-Kiste“, sagte Pfeifer. Stattdessen sei ein zweistöckiges Gebäude vorgesehen, mit einem Supermarkt im Erdgeschoss und Wohnungen im Obergeschoss.

Noch keine große Einigkeit

Diese Pläne waren für die Dürrlewanger nicht neu. Doch wie lang es noch dauern werde, bis man in Dürrlewang wieder einkaufen gehen könne, wollte eine Zuhörerin wissen. „Stand heute, mindestens noch zwei Jahre. Alles andere ist Illusion“, antwortete Pfeifer. Der neue Bebauungsplan werde im Herbst fertig sein. Doch zwischen den verschiedenen Grundstückseigentümern herrsche bislang noch „keine große Einigkeit“, sagte der SPD-Stadtrat.

Die bestehenden Läden müssen auch genutzt werden

„Gibt es denn die Möglichkeit, bis dahin was zu tun? Könnte die Stadt ein paar Marktbeschicker gewinnen, die wenigstens einmal in der Woche ihre Waren anbieten?“, fragte ein Mann aus dem Publikum. „Das wird gerade geprüft“, entgegnete Pfeifer. Eine andere Möglichkeit sei ein Laden auf Rädern, der die Menschen zu Hause beliefere. Hans Pfeifer gab den Dürrlewangern noch mit auf den Weg, dass sie die bestehenden Läden in ihrem Stadtteil sowie einen künftigen Lidl auch nutzen müssen. „Anders kann kein Geschäft überleben“, sagte der SPD-Mann.

Klaus Trott, SPD-Bezirksbeirat und selbst überzeugter Dürrlewanger, erinnerte noch daran, dass jeder einzelne seinen Stadtteil mitgestalten könne. So werde es im Vorfeld des neuen Förderprogramms eine Befragung unter den Bewohnern geben, um herauszufinden, wo der Schuh drückt. „Nutzen Sie diese Chance und füllen Sie den Fragebogen aus“, forderte Trott.