Ein ehemaliger Korntaler Lehrer erinnert an einen jungen Mann, der sich dem Krieg verweigerte. Immanuel Röder starb dafür 1940 auf dem Schafott.

Korntal-Münchingen - Er wurde nur 24 Jahre alt. Er starb unter dem Fallbeil der Nazis, die ihn wegen Fahnenflucht und Kriegsdienstverweigerung 1940 zum Tod verurteilt hatten. Immanuel Röder aus Korntal, sein Leben, sein Schicksal und sein Sterben stehen im Mittelpunkt eines Vortrags, den der ehemalige Lehrer und Geschichtsforscher Johannes Maier an diesem Mittwoch hält. Er will die Erinnerung an Röder wachhalten, den jungen Mann in Korntal präsenter machen. Bisher steht sein Name nur auf einer Tafel der acht Gedenkstelen am Friedhof. Der Stadtarchivar Alexander Brunotte denkt darüber nach, wie das geschehen könnte. Er erinnert am 8. März an Euthanasieopfer aus der Stadt.

 

Immanuel Röder sei einer der ganz wenigen evangelischen Kriegsdienstverweigerer des Zweiten Weltkriegs gewesen, sagt Johannes Maier (71). Er hat in Korntal Abitur gemacht, war dann in Berufsschulen der Region Lehrer für Betriebswirtschaft, Mathematik und Ethik. Auf Immanuel Röder und dessen Schicksal stieß er über Erzählungen seiner Mutter im Jahr 2000. In den Folgejahren sprach er mit damals noch lebenden Geschwistern Immanuel Röders. Originalunterlagen gibt es nur noch sehr wenige – so ging ein Karton mit Briefen aus dem Zuchthaus an die Eltern auf dem Postweg verloren. Die meisten Informationen bezog Maier, ganz Forscher, aus dokumentierten Gesprächen mit Zeitzeugen. Daraus ergibt sich das Bild eines Menschen, den Maier heute in eine Reihe stellt mit den Geschwistern Hans und Sophie Scholl.

Vater wird Laienprediger

Immanuel Röder kam Anfangs der dreißiger Jahre mit der Familie aus Heilbronn nach Korntal. Sein Vater war Kaufmann, ließ sich in Korntal zum Laienprediger ausbilden. Für die Zeltmission zog er durchs Land, sprach vor bis zu 3000 Zuhörern. „Immanuel war schon als Junge ansprechbar auf die befreiende Botschaft des Evangeliums“, berichtet Maier. Er habe aber miterlebt, wie seine Heimatgemeinde und die Evangelische Kirche sich an den Nationalsozialismus anpassten. Das habe ihn in den Widerstand geführt.

Zuerst geht er nach München und beginnt eine Lehre als Fotograf. Er muss zur Musterung. Seinen Wunsch, Sanitäter werden zu wollen, schlägt man ihm ab. Weil er unter keinen Umständen Soldat werden will, geht er im Frühjahr 1938 in die Tschechei. „Damals blieb nichts anderes übrig als zu fliehen“, sagt Maier. Nach dem Einmarsch der Deutschen in die Tschechei wird Röder aufgespürt, verhaftet und einer Artillerieeinheit in Landshut überstellt. Wegen Fahnenflucht wird er zu 12 Jahren Zuchthaus verurteilt. Das reicht seinem Kommandeur aber nicht – er geht in die Berufung. Ein Reichsgericht in Berlin verurteilt den 24-Jährigen zum Tod, Röder wird Mitte Oktober 1940 hingerichtet.

Gedenkort und Stiftung vorgeschlagen

An diese Lebensgeschichte erinnert Maier mit vielen Details – auch mit einem selbst herausgegebenen Buch. Röders Name auf der Gedenktafel reiche nicht aus. Maier schlägt vor, im Gymnasium einen Gedenkort zu schaffen, eine „Immanuel-Röder-Stiftung“, die regelmäßig Veranstaltung anbietet, schwebt ihm vor. Auch Alexander Brunotte will Röder stärker würdigen. Der Stadtarchivar schlägt Hinweise auf Internetseiten bei den Stelen am Friedhof vor. Er wird mit einem Historiker aus Bietigheim-Bissingen die Vortragsreihe über NS-Opfer aus der Stadt fortsetzen: Anfang März geht es um Euthanasiemorde.

Termine Johannes Maier spricht an diesem Mittwoch, 15. Februar, um 19.30 Uhr in der Stadthalle Korntal über Immanuel Röder. Alexander Brunotte und Christian Hofmann referieren am 8. März um 19.30 Uhr am selben Ort über die Euthanasie-Morde.