Es ist kein schönes Thema, über das Andreas Kadel beim Männer-Netzwerk Riedenberg gesprochen hat. Es ging um Selbsttötungen von Männern und was diesen vorbeugen könnte. Männer sind laut Statistik gefährdeter als Frauen.

Riedenberg - Täglich nehmen sich statistisch gesehen zwei Männer-Fußballmannschaften das Leben. Bei Frauen sei das Risiko der Selbsttötung um einiges geringer: Im Jahr 2013 registrierte das Statistische Landesamt Baden-Württemberg 1300 Selbstmorde, darunter mehr als 1000 von Männern. Fatal sei, dass vielen die vor-angegangene Verzweiflung nicht anzumerken ist. „Man kann sich nur schwer vorstellen, dass ein erfolgreicher und wohlhabender Mann mit gesunder Familie überlegen könnte, sich umzubringen“, sagt Andreas Kadel, Arzt im Gesundheitsamt des Landratsamts Göppingen. Er ist diese Woche zum Männer-Netzwerk der evangelischen Gemeinde in Riedenberg gekommen, um zu erläutern, wie die Selbsttötung bei Männern verhindert werden könnte.

 

Männer suchen oft nur einmal Hilfe

Laut Kadel sei der größte Fehler, einem gefährdeten Mann zu sagen, dass doch alles nicht so schlimm sei. „Männer suchen oft nur ein einziges Mal Hilfe“, sagt er. „Und wenn man ihnen suggeriert, dass sie eigentlich keine Probleme haben, verstärkt das ihre Hoffnungslosigkeit nur.“

Dem Männer-Netzwerk – 2014 gegründet – gehören 25- bis 55-Jährige an. Sie treffen sich einmal im Monat. „Wir wollen Männerthemen nach vorne rücken und uns vernetzen“, sagt der Mitbegründer Thomas Ebinger. Andreas Kadel ist der erste Referent. „Suizid ist in der Öffentlichkeit weitgehend ein Tabuthema“, sagt der Riedenberger Pfarrer Christoph Hoffmann-Richter. Aber das Interesse ist groß: Die etwa 20 Besucher, darunter übrigens auch Frauen, sitzen dicht gedrängt und diskutieren noch bis 23 Uhr. Es sickert durch, dass einige den schmerzvollen Verlust durch Selbsttötung im Familien- und Bekanntenkreis erlebt haben.

Familie bleibt fassungslos zurück

„Jeder Selbstmord reißt die Kernfamilie in einen Abgrund“, sagt Andreas Kadel. Viele Angehörige machen sich große Vorwürfe, weil sie oft kurz zuvor den Eindruck hatten, der Betroffene sei auf dem Weg der Besserung. „Paradoxerweise tritt bei einigen Depressiven nach dem Entschluss sich umzubringen eine gewisse Entspannung ein, und dann wird noch ein Auto gekauft oder eine Reise geplant, sodass die Familie angesichts der Selbsttötung fassungslos zurückbleibt“, sagte Kadel.

Der leidvolle Zustand der Depression beginnt meist mit einem Gefühl der Einengung und mündet schrittweise in einen Zustand der ständigen Überforderung. Ob Arbeitslosigkeit oder zu viel Arbeit, Hausbau, Single-Dasein oder Familie: „Die Betroffenen arbeiten parallel an mehreren Baustellen und merken, dass im Zuge der Alterung ihre Energie schwindet“, sagt Kadel. Daher seien Männer zwischen 45 und 55 Jahren besonders gefährdet. Nach und nach verschwinden Freude und Kraft. „Der Verlust von Gefühlen ist so unerträglich, dass manche bis zum Äußersten gehen“, warnt Andreas Kadel und empfiehlt: „Reden Sie die Sorgen eines Depressiven nicht klein und ermöglichen Sie ihm das Lösen überschaubarer Aufgaben, sodass sich wieder kleine Siege im Alltag einstellen.“ Damit gewinne man Zeit, die zwar nicht alle Wunden heilen, aber Leben retten kann.

Kontakt zum Männer-Netzwerk

Wer sich dem Männer-Netzwerk anschließen möchte, findet dazu Infos unter www.ev-kirche-riedenberg.de, bei Thomas Ebinger, Telefon 94 55 21 14.