Die Bahn will nach der Volksabstimmung zügig bauen, aber das Land bleibt bei den Projektkosten skeptisch. Die Gegner konferieren.  

Stuttgart - Nach dem Sieg der Projektbefürworter bei der Volksabstimmung will die Bahn nach dem 6. Januar mit den Abrissarbeiten für den Südflügel beginnen. Um die Bäume im Mittleren Schlossgarten wird es dann vom 15. Januar an gehen: Wenn möglich, sollen sie versetzt, andernfalls gefällt werden. Bis Juli sind finale Arbeiten am sogenannten Grundwassermanagement angekündigt - die Voraussetzung für das Ausheben der Baugrube für den Tiefbahnhof. Im Herbst ist der Tunnelanstich für die zehn Kilometer lange Tunnelröhre zwischen Hauptbahnhof und Flughafen vorgesehen.

 

Doch zunächst einmal wird am Montag in Berlin der Konzernvorstand der Deutschen Bahn AG zusammentreten. Erwartet wird ein Appell an die Landesregierung, künftig mit dem Bauherrn Bahn konstruktiv zu kooperieren und ihre bisherige, aus Bahnsicht obstruktive Haltung gegenüber Stuttgart21 aufzugeben. Man erwarte, so war aus Konzernkreisen zu hören, dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) zu seinem Wort stehe, wonach das Projekt nunmehr realisiert werde und die Regierung das Baurecht der Bahn durchsetze. Die Bahn-Spitze, also Vorstandschef Rüdiger Grube und der verantwortliche Technikvorstand Volker Kefer, wollen sich am Montagnachmittag auf einer Pressekonferenz in Berlin äußern - die Bahn will zunächst die politische Reaktion der Landesregierung auf das Abstimmungsergebnis abwarten.

Die Bahn hat bereits im Vorfeld der Volksabstimmung eine baldige Sitzung des S-21-Lenkungskreises nach dem Plebiszit angemahnt, um die Landesregierung an ihre Projektförderpflicht zu erinnern. Einem Treffen noch vor der Volksabstimmung hatte sich die DB verweigert. Bei der Zusammenkunft, deren Termin noch nicht feststeht, wird der Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) aber voraussichtlich erneut darauf dringen, dass der Bauherr über weitere Kostenrisiken berichtet. Dabei geht es auch um die bereits eingetretene zweijährige Verzögerung des Baubeginns für die Fildertrasse zwischen Rohrer Kurve und Flughafen. Nach wie vor befürchten die Grünen, dass die auf maximal 4,5 Milliarden Euro kalkulierten Projektkosten nicht zu halten sein werden.

Sofortiger Stopp der Proteste lässt sich nicht verordnen

Die grün-rote Landesregierung hat in der Koalitionsvereinbarung fixiert, dass Baden-Württemberg über seinen maximalen Kostenanteil in Höhe von 930 Millionen Euro hinaus kein Geld nachschießen wird. Bahn-Chef Grube wiederum steht auf dem Stadtpunkt, dass Land, aber auch Stadt, Region und Flughafen sich gegebenenfalls an der Finanzierung von Zusatzkosten oberhalb der von ihm als "Sollbruchstelle" bezeichneten Summe von 4,5 Milliarden beteiligen müssten.

Im Finanzierungsvertrag ist vereinbart, dass sich die Projektpartner in einem solchen Fall zusammensetzen und miteinander reden. Juristen interpretieren diese sogenannte Sprechklausel unterschiedlich - die einen als Gespräch über die Aufteilung der Mehrkosten zwischen Bahn, Land, Stadt, Region und Flughafen, die anderen als informelles Treffen ohne daraus abzuleitende Zahlungsverpflichtungen.

Und die Projektgegner? Beim Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 heißt es, man werde auf jeden Fall am Montagabend noch die 101. Montagsdemonstration abhalten, auch um den Frust zu kanalisieren und "Druck abzubauen", wie es der Bündnissprecher und Stuttgarter SÖS-Stadtrat Hannes Rockenbauch ausdrückt. Zwar akzeptierten die Stuttgart-21-Gegner ihre Niederlage, ein sofortiger Stopp der Proteste lasse sich aber nicht verordnen. Deshalb plant das Aktionsbündnis eine baldige Konferenz, auf der entschieden werden soll, welche Perspektiven sich aus dem Ergebnis des Plebiszits ableiten lassen.

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