Das Handy-Ticket für den Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) ist eine praktische Sache. Allerdings steckt der Teufel im Detail: Wer beim Kauf Fehler macht, der muss laut Geschäftsbedingungen dafür teuer zahlen.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Dieser Fehler kostet 188,60 Euro. Und der VVS-Kunde Ralf D. hat ein Monatsticket für sechs Zonen, das er überhaupt nicht braucht und auch gar nicht nutzen wird. Ein anderer Fehler kostet 2,65 Euro. Und die Stadtbahnbenutzerin Jacqueline W. müsste gleichzeitig zweimal fahren, um das irrtümlich doppelt gekaufte Digitalticket voll zu nutzen. Der Fahrkartenkauf mit dem Mobiltelefon ist eine schnelle Sache – doch fingerschnell kann man damit als Kunde auch in die Falle tappen.

 

Ralf D. aus Möckmühl im Kreis Heilbronn ist ein erfahrener Nutzer des Bahnverkehrs, auch im Verkehrsverbund Stuttgart ist er ein geübter Fahrgast. Der Kauf von digitalen Fahrkarten über den Computer ist ihm vertraut, außerdem nutzt er bei seinen Fahrten nach Stuttgart die App des VVS auf seinem Mobiltelefon. Als sein Sohn für ein Praktikum in Stuttgart eine Monatskarte braucht, weiß Ralf D., dass er in Kirchheim am Neckar (Kreis Ludwigsburg) umsteigen muss, um von dort weiter in die Stuttgarter Innenstadt zu fahren. Das sind sechs Zonen, für einen Monat macht das 188,60 Euro. Weil Ralf D. seine Kontodaten beim Ticketshop der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) hinterlegt hat und gerade unterwegs ist, nutzt er sein Smartphone, um die digitale Wertmarke zu kaufen. Ein paar Klicks, ein paar Bestätigungen – gekauft! „Ein Fehler, denn der Kauf auf dem Handy gilt, im Gegensatz zum Kauf über den Computer, nur für die eigene Person“, sagt Birte Schaper, Pressesprecherin der SSB.

Er merkt den Fehler – zu spät

Das merkt auch der Mann aus Möckmühl. Auf der digitalen Karte ist nicht der Name seines Sohns vermerkt, sondern sein eigener. Er versucht das Schlimmste zu verhindern und schreibt per Mail an den Ticketshop: „Ich habe mich bei der Bestellung vertan, ich finde leider keine Möglichkeit, um das soeben fälschlicherweise gekaufte Ticket zu stornieren.“

Die Möglichkeit gibt es auch nicht. Da hilft alles Bitten nichts, auch nicht die „Versicherung an Eides Statt, diese Fahrkarte nicht zu benutzen“, ebensowenig der sofortige Kauf einer Monatskarte für den Sohn über die Homepage.

Die Dame vom SSB-Ticketshop sagt, sie verstehe zwar die Argumente – doch es gebe tarifliche Vorgaben, die nicht umgangen werden könnten: „Das Ticket wurde leider über Ihren Account und über Ihr Handy gekauft und ist somit jederzeit für Sie nutzbar“, heißt es in der Antwort, „eine Nichtnutzung des aufrufbaren Tickets auf dem Handy ist generell nicht für uns prüfbar.“

Tatsächlich ist die Fehlerfalle in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen klar bezeichnet: „Dem Kunden steht kein gesetzliches Widerrufsrecht zu.“ Damit der Kunde Eingabefehler vor dem Abschicken einer Bestellung erkennen könne, „bietet der SSB-Ticket-Shop einen sogenannten Warenkorb an“.

Einen „Warenkorb“ gibt es fürs Handy nicht

Allerdings gibt es diesen „Warenkorb“ nur auf der Internetseite, nicht aber in der App fürs Handy. Dort findet sich lediglich die Stufe „Prüfen“ – wobei aber auch an dieser Stelle nicht erkennbar ist, für wen die Fahrkarte gilt. „Wir überlegen daher, ob wird das deutlich machen können, dass bei einer App nur ein persönliches Ticket gekauft werden kann“, sagt SSB-Sprecherin Birte Schaper.

Ob Ralf D. daher auf Kulanz hoffen kann? Die ist jedenfalls nicht unmöglich. Jacqueline W. hatte beim Kauf eines Zwei-Zonen-Einzelfahrscheins per Mobiltelefon zunächst keine Rückmeldung zur Bestätigung bekommen, deshalb den Vorgang wiederholt – und plötzlich zwei Tickets auf dem Handy. Die junge Frau konnte den Fehler angesichts des Kaufs binnen weniger Sekunden nachweisen. Nun hat sie zum Ausgleich ein Einzelticket über zwei Zonen, nicht personalisiert, per Post zugeschickt bekommen. Manchmal gilt für Fahrkarten zum Anfassen eben: Da weiß man, was man hat.

Die Fahrscheine – immer öfter digital

Verkaufsrenner
:Die Fahrgäste im Verbundgebiet lösen ihre Karten immer öfter über das Mobiltelefon. Im vergangenen Jahr verkaufte der VVS 2,36 Millionen Handytickets, das waren 50 Prozent mehr als 2014. In diesem Jahr hält der Trend an, gerechnet wird mit 3,6 Millionen Tickets.

Vertriebswege
: Die meisten Handytickets werden über die App des VVS verkauft, auch die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) bieten eine eigene App. Neuerdings kann mit die Fahrscheine auch über die Mobilitäts-App „moovel“ aus dem Daimler-Konzern kaufen.

Voraussetzungen
: Wer das Handy-Ticket nutzen will, muss sich erst einmal anmelden. Das erfolgt über den Online-Shop mit Handynummer, persönlichem Dokument und der Angabe der Zahlungsart. Mit Benutzername und Passwort meldet man sich an und

muss bei den folgenden Käufen bei abgespeicherten Zugangsdaten nur noch die Geschäftsbedingungen bestätigen.

Verzwickt:
Noch nicht reibungslos funktionieren die Lesegeräte für Handytickets in den Linienbussen der SSB. Mit Tests wird versucht, Probleme mit dem Abstand zu lösen. Dieses Problem gibt es bei den Bussen der Region nach drei Jahren nicht mehr