Die Lage ist ernster, als es die VVS-Rekordmeldungen vermuten lassen. Das Land wird ihr nicht gerecht. In Zeiten hoher Steuereinnahmen müsste mehr Geld in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs fließen, sagt Redakteur Josef Schunder.

Stuttgart - Respekt. Der Verkehrsverbund VVS hat seinen Fahrgastrekorden 2016 einen weiteren hinzufügen können – obwohl oben die Luft bekanntlich immer dünner wird. Fast 376 Millionen Fahrten haben die Kunden mit dem VVS absolviert. Ohne ihn würde dieser Ballungsraum überhaupt nicht mehr aus den Dauerstaus herauskommen – und er könnte den Kampf gegen Luftschadstoffe vergessen.

 

Die Region braucht den VVS, und der Verbund ist zum Erfolg verdammt; auch zu weiterem Wachstum von Angebot und Fahrgastaufkommen. Oft ist aber unübersehbar, dass Sitzplätze in vielen S-Bahnen und Stadtbahnzügen Mangelware sind. Dabei hätten an den vielen Feinstaubalarmtagen dieses Winters sogar noch viel mehr Menschen die subventionierten Tickets kaufen und von den Autos in Busse oder Bahnen umsteigen sollen. Die VVS-Chefs sind hier sichtlich enttäuscht. Die Rekordfahrt des VVS wird ja auch immer mehr zu einem Wettlauf mit der Zeit. Nicht umsonst geben die VVS-Chefs zu, dass man alle Hebel in Bewegung setzen müsse, um mehr Kapazität zu schaffen. Man muss sogar auf künstliche Kapazitätserweiterung setzen: dass man mit entsprechender Fahrpreisgestaltung viel mehr Menschen zu einem Fahrtantritt nach 9 Uhr bewegt.

Nein, die Lage ist ernster, als es die VVS-Rekordmeldungen vermuten lassen. Das Land wird ihr nicht gerecht. Es hat zwar mit dem vorsichtigen Wiedereinstieg in die Bezuschussung von Straßen- und Stadtbahnen einen Anfang gemacht, aber in Zeiten hoher Steuereinnahmen müsste mehr Geld in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs fließen.

josef.schunder@stzn.de