Auch die Politik ist ungehalten. "Wir haben das Gesetz ausdrücklich erweitert, damit die Angehörigen von Wachkomapatienten und Dauerbeatmeten durch hohe Eigenanteile nicht in die Sozialhilfe abrutschen", sagt Annette Widmann-Mauz, parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit und selbst Schirmherrin einer Einrichtung für dauerbeatmete Kinder. Die Rechtslage sei eindeutig, und auch ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 17. Juni 2010 bestätige die Ansprüche an die Kassen. Bisher sei es jedoch noch nicht zu einer Vereinbarung über die Vergütungssätze gekommen. "Ich habe selten ein so zähes Verfahren erlebt. Da hört es irgendwann auf."

 

Für manche hört es nie auf. Walter Schnörr streichelt seiner Frau über die Wange. Sie hustet. "Ach Birgit", sagt er. "Jetzt darfst du bald ins Bett." Vor einigen Monaten wurde es ihm zu viel. Nachts konnte Schnörr nur noch bis ein Uhr schlafen. Danach saß er in der dunklen Küche und wartete, bis der Wecker klingelt. Irgendwann rief er seine Jungs an und sagte ihnen, dass er sich in eine Klinik einweisen lässt. Die Ärzte haben ihn aufgepäppelt, aber es zog ihn bald wieder ans Bett zu seiner Frau.

Sein Jüngster schaut fast jeden Tag vorbei, der Ältere findet nicht die Kraft, mit seiner Mutter allein zu sein. Er besucht sie nur, wenn der Vater dabei ist. Beide wohnen noch zu Hause. Einmal im Jahr kommt ihre Mutter zurück ins Dorf. Wenn Pfingstmarkt ist, wird sie in einem Behindertentransporter vom Heim gebracht. "Birgit mochte das früher so gerne", sagt Walter Schnörr und streicht ihr über die Wange.