Heckler & Koch erregt mit Gerichtsterminen mehr Aufmerksamkeit als mit seinen Produkten. Vor dem Landgericht Koblenz verlangt der Oberndorfer Waffenhersteller eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für sein Sturmgewehr G36.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Koblenz - Der Konflikt um das Sturmgewehr der Bundeswehr, das G 36, geht an diesem Freitag vor dem Landgericht Koblenz in eine neue Runde. Der Hersteller Heckler & Koch hat das Beschaffungsamt der Truppe verklagt, das in Koblenz seinen Sitz hat. Ziel der negativen Feststellungsklage ist praktisch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung, wonach das G 36 keine schweren Mängel aufzuweisen hat. Eine Retourkutsche, nachdem das Beschaffungsamt wegen der Fehlerhaftigkeit vor genau einem Jahr Gewährleistungsforderungen erhoben hatte.

 

Die Oberndorfer kämpfen die Rehabilitierung ihres prominentesten Produkts und letztendlich um ihren Ruf über Deutschland hinaus. Daher gehen sie nun juristisch in die Offensive – nicht nur in Koblenz. Vorausgegangen ist ein jahreslanges Hin und Her um Präzisionsprobleme bei hohen Temperaturen, unter das Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit einem Untersuchungsbericht einen Schlussstrich zu ziehen versuchte. Nach dessen Vorlage erklärte die CDU-Politikerin am 22. April 2015 die Ausmusterung der Standardwaffe nach insgesamt 20 Jahren Dienstzeit und plädierte für eine europaweite Neuausschreibung.

Von Untersuchungsgremien entlastet

Nicht ausgeschlossen, dass Heckler & Koch da wieder zum Zuge kommt. Denn die Ministerin hatte weitere Untersuchungsgremien eingesetzt. Eine vom Grünen Winfried Nachtwei geleitete Prüfgruppe fand bis Oktober heraus, dass das G 36 im Auslandseinsatz wohl doch kein Pannengewehr sei. Kein deutscher Soldat sei deswegen in Afghanistan zu Schaden gekommen. Durchweg hätten die befragten Soldaten verneint, im Gefecht Präzisionsmängel gespürt zu haben. Zusätzlich wurden 150 Berichte aus Gefechten ausgewertet. Insgesamt bewerteten die Soldaten das G 36 „ausnahmslos als bedienungsfreundlich, störunanfällig und verlässlich“ – im Wissen um die technischen Grenzen betonten sie ihr „volles Vertrauen in die Waffe“. Die öffentliche Kritik stoße einhellig auf großes Unverständnis, sagte Nachtwei.

Das 4000-seitige Untersuchungsmaterial zum G 36 füllt mittlerweile 15 Aktenordner. Eine weitere Prüfgruppe von der Leyens hatte zudem ermittelt, dass es keine Hinweise auf Korruption oder Vetternwirtschaft gebe. Auch dies war wegen der G 36-Probleme immer wieder spekuliert worden. Der Verdacht einer nicht mehr angemessenen Lobbyarbeit bei einflussreichen Abgeordneten bleibt allerdings bestehen.