Das Parlament wendet sich gegen einsame Entscheidungen der Regierung. Die Abgeordneten wollen darüber debattieren, ob die kurdischen Peschmergas aufgerüstet werden. Eine Sondersitzung steht bevor.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Noch ist unklar, womit Deutschland die Kurden im Irak unterstützen will. Eine Lieferliste für die von der Regierung angekündigte Waffenhilfe existiert bisher nicht. Umstritten ist auch das politische Verfahren. Die Grünen fordern eine Sondersitzung des Bundestags. Die Linksfraktion verlangt nach einem Genehmigungsrecht des Parlaments. Aber auch die CSU pocht darauf, dass die Abgeordneten umfassend informiert werden.

 

Rein formal bedarf es nach aktueller Rechtslage keines Parlamentsbeschlusses, sofern tatsächlich nur Waffen und militärisches Gerät geliefert werden. Nur wenn bewaffnete deutsche Truppen ins Ausland entsandt werden, hat der Bundestag das letzte Wort. Dies hat das Bundesverfassungsgericht 1994 entschieden. Das Verfahren ist seit 2004 im Parlamentsbeteiligungsgesetz geregelt.

Ob Soldaten in den Irak gehen bleibt offen

Die Bundesregierung hat es aber offen gelassen, ob deutsche Militärs entsandt werden, um die Kurden im Gebrauch der von der Bundeswehr gelieferten Waffen zu unterweisen. Wenn dem so wäre, dann müsste unter Umständen das Parlament ein formelles Mandat beschließen. Rüstungsexporte bedürfen lediglich der Genehmigung durch die Regierung. Darüber entscheidet der Bundessicherheitsrat, dem neben der Kanzlerin die Minister für Äußeres, Verteidigung, Finanzen und Wirtschaft angehören.

Aus dem Parlament gibt es ungeachtet der formalen Zuständigkeiten gewichtige Stimmen, die auf eine Beteiligung der Abgeordneten an der wegweisenden Entscheidung fordern. Die Fraktionsspitze der Grünen hat die Kanzlerin bereits in einem Brief zu einer Regierungserklärung in der kommenden Woche aufgefordert. Da die parlamentarische Sommerpause noch bis Anfang September dauert, müsste dazu eine Sondersitzung des Bundestags einberufen werden. „Es gibt eine erklärungsbedürftige Lage mit vielen unterschiedlichen Stimmen auch innerhalb der Koalition“, so argumentieren die Grünen. Auch in führenden Kreisen der Koalitionsfraktionen gilt es als wahrscheinlich, dass eine Sondersitzung einberufen wird. Zunächst gelte es jedoch, den konkreten Regierungsbeschluss über die Art der zu liefernde Waffen abzuwarten. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) mahnte: Die Waffenhilfe sei politisch so bedeutend, „dass eine parlamentarische Beratung geboten erscheint“.

Die CSU will im Parlament mitreden

Auch die CSU dringt auf ein Mitspracherecht des Bundestags. „Ohne CSU wird in dieser zentralen frage keine Entscheidung geben“, sagte Generalsekretär Andreas Scheuer. „Zudem muss auf jeden Fall das Parlament informiert werden – und zwar das ganze Parlament.“ Die Regierung hatte zunächst angekündigt, nur die zuständigen Ausschüsse zu informieren.

Grüne und Linke könnten dank ihrer Minderheitenrechte eine Sondersitzung des Bundestags beschließen – sie sind bisher aber uneins. Gregor Gysi, Chef der Linksfraktion, setzt sich dafür ein, Waffenexporte in Krisengebiete an das Plazet des Parlaments zu binden. Der Bundestag müsse sich umgehend mit einem solchen Gesetz befassen. An „Schaufensterreden“, heißt es aus seinem Umfeld, sei den Linken nicht gelegen.