Klare Mehrheiten hat die von zahllosen Unregelmäßigkeiten überschattete Parlamentswahl in Montenegro nicht gebracht. Dauerpremier Milo Djukanovic ist jedoch zuversichtlich, mit Hilfe der Minderheitsparteien eine hauchdünne Regierungsmehrheit schmieden zu können.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Podgroica - Am Ende eines turbulenten Wahltags verspürten zumindest die Anhänger von Montenegros regierender DPS Anlass zu demonstrativen Siegesfeiern. Hupend donnerten die Auto-Kolonnen mit den Landesflaggen über die Millennium-Brücke in der Hauptstadt Podgorica, während Dauerpremier Milo Djukanovic kurz nach Mitternacht seinen ausgelassenen Mitstreitern mit eher ernster Miene wieder einmal einen Wahlsieg verkündete: „Ihr freut Euch zu recht: die DPS hat doch wieder gewonnen.“

 

Keine klare Mehrheit

Mit 41,1 Prozent der Stimmen ist die seit ihrer Gründung 1991 regierende DPS auch im künftigen Parlament tatsächlich die mit Abstand stärkste Kraft. Doch klare Mehrheiten hat der von unzähligen Unregelmäßigkeiten überschattete Urnengang dem nur 625 000 Einwohner zählenden Kleinstaat nicht gebracht. Der gewiefte Strippenzieher Djukanovic ist dennoch zuversichtlich, sich beim bevorstehenden Koalitionspoker mit Hilfe der ihm traditionell gut gewogenen Minderheitsparteien wieder eine hauchdünne Mehrheit schmieden zu können. Schon in „kurzer Zeit“ sei mit der Bildung einer neuen Regierung zu rechnen: In den nächsten Monaten werde dann das Beitrittsprotokoll zur Nato ratifiziert.

Mit der pro-russischen Demokratischen Front (20,6 Prozent), dem liberalen Oppositionsbündnis „Kljuc – Schlüssel“ (10,7 Prozent), den pro-europäischen Demokraten (10,5 Prozent) und der früheren Regierungspartei SDP (5,4 Prozent) kommen die vier größten, aber in der Frage des Nato-Beitritts keineswegs einigen Oppositionsparteien zwar auf 40 der insgesamt 81 Mandate. Doch mit Hilfe der von der SDP abgespaltenen Sozialdemokraten, die sich mit 3,2 Prozent knapp über die Dreiprozenthürde hangelten, sowie mit den Parteien der albanischen, bosniakischen und kroatischen Minderheit könnte eine von der DPS geführte Koalition mit einer Ein-Stimmen-Mehrheit weiter regieren.

Viele Unregelmäßigkeiten

Für eine absolute Dominanz der DPS wie bisher sei eine derartige Mehrheit „nicht genügend“, hält der Analyst Zlatko Vujovic Kurskorrekturen für unausweichlich. Die geschrumpfte Regierungsmehrheit bezeichnet auch die Analystin Dalibor Uljarevic als Warnung, dass die DPS ihre Politik, Auftreten und Kader „einschneidend“ ändern müsse. Nicht nur die Opposition sondern auch die Wahlbeobachter der Bürgerrechtsgruppe MANS klagten erneut über zahlreiche Unregelmäßigkeiten am Wahltag. Nachdem MANS bereits im Vorfeld rund 50 000 Wahlberechtigte des aufgepumpten Wahlregisters als „sehr zweifelhaft“ bezeichnet hatte, reichte die Organisation am Wahltag bei der Staatsanwaltschaft über 100 Klagen wegen versuchten Stimmenkaufs und Wählereinschüchterung in unmittelbarer Nähe von Wahllokalen ein.

Nicht nur die zeitweise Aussetzung der Viber- und Whats-App-Dienste überschatteten den hektischen Wahltag. Die Verhaftung von 20 serbischen Paramilitärs am Vorabend der Wahl, die laut der Staatsanwaltschaft angeblich die Entführung von Djukanovic und terroristische Anschläge planten, beschäftigte zu Wochenbeginn noch immer die Gemüter. Neben der Opposition deutete auch Serbiens Premier Aleksander Vucic an, dass es sich bei den vermeintlichen Verhaftungen um eine wahltaktische Inszenierung gehandelt haben könnte: Für die angeblichen Anschlagspläne würde er gerne „echte und ernsthafte“ Beweise sehen.

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.montenegro-parlamentswahl-in- montenegro-begonnen.eaafb169-75a6-4a23-b34f-251fa032572c.html