Der Ausgang der Präsidentenwahl in Polen zeigt zwei Dinge: das Land ist noch immer tief gespalten. Und das Volk zweifelt an der Demokratie. Den Politikern sollte das eine Warnung sein, kommentiert StZ-Redakteur Knut Krohn.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Polen ist tief gespalten. Das ist die deutlichste Erkenntnis der ersten Runde der Präsidentenwahl. Während der nationalkonservative Andrzej Duda vor allem im Osten und auf den Dörfern punktete, sammelte der liberalkonservative Bronislaw Komorowski im Rest des Landes und in den Städten die Stimmen ein. Es zeigt sich, dass in Polen zwei Gesellschaften nebeneinander existieren. Den pro-europäischen Politikern ist es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, das Land zu einen. Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem EU-Beitritt fühlen sich viele Menschen im Osten Polens als Verlierer und bangen um ihre nationale Identität. So gesehen ist das Ergebnis ein Warnschuss – nicht nur für die Regierung, sondern für alle Politiker in Polen.

 

Die Wahlbeteiligung ist schlecht

Doch die Volksvertreter haben noch ein weit größeres Problem. Nicht einmal die Hälfte der Wahlberechtigten hat sich bei dieser wichtigen Abstimmung überhaupt die Mühe gemacht, an die Urnen zu gehen. Deutlicher könnten die Menschen ihre Zweifel an der Demokratie kaum ausdrücken. Zumindest Komorowski scheint eine erste Lehre aus seiner Niederlage im ersten Durchgang gezogen zu haben. Er schlägt jetzt ein Referendum über die Vergabe aller Parlamentssitze in Direktwahl vor – eine Idee, die er vor der Wahl noch brüsk zurückgewiesen hätte.