Die CDU ist sich bei der Suche nach einem OB-Kandidaten nicht einig. Susanne Eisenmann hat sich nun auch geäußert – und stellt sich gegen Kaufmann.

Stuttgart - Der Personalvorschlag des Stuttgarter CDU-Kreisvorsitzenden Stefan Kaufmann für die Oberbürgermeisterwahl im Oktober stößt in der Partei teilweise auf Unverständnis. Dabei steht weniger der auserkorene Bewerber, d er parteilose Unternehmer Sebastian Turner (45) , im Kreuzfeuer der Kritik, sondern das von manchen Parteigängern als unabgestimmt erachtete Vorgehen Kaufmanns. Dieser habe die Findungskommission am Wochenende vor vollendete Tatsachen gestellt, heißt es, und damit riskiert, dass das parteiinterne Verfahren bis zur Kandidatenkür am 17. März beim mitgliederoffenen Kreisparteitag aus dem Ruder läuft.

 

Auf jeden Fall sondieren inzwischen gleich einige Christdemokraten die Lage und rechnen sich offenbar Chancen aus, Turner im internen Wettbewerb zu schlagen. Dazu zählen der ehemalige Stuttgarter Wirtschaftsförderer Wolfgang Häfele und der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper. Auch die Stuttgarter Bundestagsabgeordnete Karin Maag lotet offenbar die Möglichkeiten einer Bewerbung aus.

Offiziell in Opposition zu Kaufmann

Die Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport, Susanne Eisenmann , ging am Freitag ganz offiziell in Opposition zu Kaufmann, dem sie vor knapp einem Jahr bei der Wahl zum Kreisvorsitz unterlegen war. In einem offenen Brief bezeichnete sie das bisherige Verfahren als „unglücklich“. Die CDU gebe ein diffuses Bild ab, das der Partei schade und der politischen Konkurrenz das Geschäft erleichtere. Die Bürger hätten ein Recht auf demokratische und transparente Auswahlverfahren. Eisenmann, die selbst als potenzielle Bewerberin gehandelt worden war, schlägt in dem Schreiben den ehemaligen Singener Oberbürgermeister Andreas Renner (52) als Kandidaten vor – und stellt eigene Ambitionen zurück.

Der frühere Sozialminister habe „konkrete und umsetzbare Grundideen für die Entwicklung der Stadt Stuttgart in diesem Jahrzehnt“. Renner, der heute für die EnBW in Brüssel arbeitet und den Eisenmann seit Jahrzehnten kennt, habe auch die „dringend notwendigen Verwaltungserfahrungen“. Mit ihm, so schreibt sie ihren Parteifreunden ins Stammbuch, „können wir eine Volkswahl gewinnen“.

Zwischen den Zeilen

Sowohl in der Mitteilung Eisenmanns wie auch in der Stellungnahme der Jungen Union (JU) steht das Wichtigste zwischen den Zeilen: der als impulsiv geltende Turner sei zwar ein erfolgreicher Unternehmer und kreativer Kopf, ihm fehle aber das „notwendige Handwerkszeug“ zum Lenken eines „Tankers“ wie der Stadtverwaltung mit 23 000 Mitarbeitern. Zudem habe der Kreisvorsitzende die Entscheidungsträger in der Partei mit seiner Vorfestlegung auf den parteifremden Bewerber in inakzeptabler Weise übergangen.

Der JU-Vorsitzende Benjamin Völkel dankte Eisenmann jedenfalls für ihren Vorschlag. Bei der Benennung eines Anforderungsprofils habe sie die von ihm „mehrfach formulierten Kriterien aufgenommen und mit Andreas Renner einen folgerichtigen Vorschlag gemacht“. Diesen Schritt habe man in den vergangenen Tagen förmlich herbeigesehnt. Renner werde „viele Freunde aus Stuttgart an seiner Seite haben“.

Fairer Wettbewerb

Die Jungunionisten hoffen nun „auf einen geordneten und vor allem fairen Wettbewerb der Kandidaten“. Die Ereignisse in diesen Wochen seien für CDU-Mitglieder „nicht einfach, teilweise sogar schwer nachvollziehbar gewesen“. Das würde dem Vernehmen nach auch die Gemeinderatsfraktion unterschreiben, die sich von der Kandidatendebatte ausgeschlossen fühlt, später aber mit dem neuen OB zusammenarbeiten muss. Wie es heißt, nehmen zumindest Teile der Fraktion ihrem Vorsitzenden Alexander Kotz dessen vorbehaltlose Unterstützung Turners übel. Schon heute ist deshalb klar: ginge die Wahl mit dem parteilosen Bewerber schief, stünde nicht nur Kaufmann zur Disposition, sondern müssten sich auch die Verantwortlichen in der Landespartei und in der Ratsfraktion kritisch hinterfragen.

Sebastian Turner sieht sich nicht nur von Kaufmann, Kotz und dem Regionalpräsidenten Thomas Bopp bestärkt, auch der ehemalige Kreischef und Staatsminister Christoph Palmer soll ihm zugeraten haben. Nun freue er sich auf einen erfrischenden Wahlkampf mit einem oder mehreren Mitbewerbern. Diese Vielfalt könne der CDU nur guttun.

Ob er dabei auf Andreas Renner trifft, ist noch unklar. Der reibt sich „verwundert die Augen“ und bekannte am Freitag gegenüber der StZ, von der Entwicklung völlig überrascht worden zu sein. Er habe sich schließlich weder für das OB-Amt beworben, noch habe bis gestern jemand seine Kandidatur gefordert. Gleichwohl sei ihm klar, dass er nicht lange abwarten könne. Er werde das Wochenende nutzen, sich Gedanken über die Zukunft zu machen und zeitnah seine Entscheidung bekanntgeben.