Seine Priorität auf die ökonomische Entwicklung weckt insbesondere unter der Jugend große Hoffnung. Doch jene, die sich eine interne Liberalisierung erwarten, wird Ruhani, ein Mann des islamischen Establishments, bitter enttäuschen. Solche Reformen zählen nicht zu seinen Prioritäten, sollte er sie überhaupt anstreben. Zudem zwingen die politischen Kräfteverhältnisse Ruhani zu höchster Vorsicht. Seinem neuen „Bündnis der Hoffnung“ gehören nicht nur Gesinnungsgenossen an, sondern auch Revolutionsrichter, die vor 35 Jahren Tausende politische Gegner zum Tode verurteilt, und Geheimdienst-Minister, die die Ermordung Oppositioneller in den 1980er Jahren in Auftrag gegeben hatten.

 

Haben diese Männer ihre Einstellung zu Rechtsstaatlichkeit geändert? Zudem ist nicht nur die Macht des Parlaments begrenzt, sondern jene der nicht gewählten Institutionen – Wächterrat, Geistlicher Führer, Justiz und Revolutionsgarden – so stark, dass sie den   Präsidenten blockieren können. Ein gutes Verhältnis zu Chamenei bleibt für Ruhanis Erfolg deshalb entscheidend. In den Beziehungen zu den USA wird sich daher vorerst ebenso wenig ändern wie an der anhaltenden Repression. Das hat der Führer klargestellt.

Wie werden die Ultras reagieren?

Und dennoch haben die Wahlen zu Recht Hoffnung auf eine Wende geweckt, die allmählich einsetzen könnte. Gelingt es Ruhani auf der Basis der Wahlallianz, eine Kraft der Mitte aufzubauen, die die Radikalen an den Rand drängt, könnten demokratische Reformen in Angriff genommen werden. Selbst unter den mächtigen Revolutionsgarden gibt es ermutigende Signale. Nicht nur hat sich Parlamentssprecher Ali Laridschani, einer der einflussreichsten Prinzipalisten, Ruhani angenähert, auch Kassim Suleimani, ein mächtiger General der Garden, der im Iran fast Kultstatus genießt, unterstützt offen Laridschanis neuen Kurs. Doch wie werden die Ultras auf ihre Demütigung reagieren? Werden sie, wie in der Vergangenheit, zurückschlagen, oder haben sie aus alten Fehlern gelernt und halten sich, wie einer ihrer Repräsentanten meint, an „die Ethik des Versagens“ und akzeptieren die Niederlage? Dann erst könnte sich die Hoffnung dieser Wahlen tatsächlich als realistisch erweisen.