Gleich zwei Beamte ihres Ministeriums wollte Theresia Bauer in Spitzenjobs bei der Dualen Hochschule bringen. Bei einem klappte das anstandslos, beim anderen erlebte die Grüne schwere Stunden – und fast ein Debakel.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Presseerklärung las sich so, als wäre alles glatt gelaufen. Stolz berichteten Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) und der Daimler-Vorstand Wilfried Porth als Aufsichtsratschefs von Wahlen bei der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Für zwei wichtige Führungspositionen, die des DHBW-Vizepräsidenten und die des Kanzlers, habe man hochqualifizierte und erfahrene Persönlichkeiten bestellt. Damit werde die Erneuerung der praxisnahen Hochschule fortgesetzt, die seit anderthalb Jahren durch eine Finanz- und Führungskrise Schlagzeilen gemacht hatte.

 

Glatt war indes nur die Wahl des Kanzlers gelaufen. Die bisherige Amtsinhaberin, die frühere CDU-Politikerin Gisela Meister-Scheufelen, hatte sich bereits Mitte 2016 vorzeitig verabschiedet. Ihr war die Hauptverantwortung für die Finanzprobleme zugeschrieben worden, die die Vorzeigehochschule schwer ins Schlingern gebracht hatten. Die Aufgabe übernahm kommissarisch ein Beamter aus Bauers Wissenschaftsministerium: Wolf Dieter Heinbach, Vizereferatsleiter und promovierter Wirtschaftswissenschaftler.

Klare Mehrheiten für den Kanzler

Anfangs wurde Heinbach skeptisch beäugt: Kam er als Vollstrecker der Ministerin, die in der DHBW-Krise zunehmend ungeduldig agierte und die Hochschule nun an den kurzen Zügel nehmen wollte? Doch der Ministeriale erwies sich bald als hinreichend unabhängig und gewann das Vertrauen seiner neuen Kollegen. Das zeigte sich auch bei der Wahl durch Aufsichtsrat und Senat: Gleich im ersten Wahlgang erhielt er klare Mehrheiten.

Ganz anders verlief die Wahl des Vizepräsidenten; vor allem für Bauer wurde sie beinahe zum Debakel. Der bisherige Stellvertreter des DHBW-Präsidenten Arnold van Zyl, Ulf-Daniel Ehlers, scheidet Mitte 2017 aus. Seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur begründete er intern auch mit der Hochschulkrise und einem Vertrauensverlust, „der allen Beteiligten sehr an die Substanz geht“. Eine Findungskommission filterte unter den 21 Bewerbern zwei Favoriten heraus, die zur Wahl antreten sollten. Einer sprang kurzfristig ab, übrig blieb der Physiker Peter Väterlein, lange Professor und Prorektor an der Hochschule Esslingen, zuletzt Interims-Referent im Wissenschaftsministerium. Noch ein Mann Bauers also, mit dem die Hochschule an die Kandare genommen werden sollte?

Böse Überraschungen für Bauer

Im überwiegend extern besetzten Aufsichtsrat war die Mehrheit für Väterlein stets klar. Doch im Senat, wo die DHBW-Professoren das Sagen haben, erlebte die Ministerin gleich mehrere böse Überraschungen. Geschlagene fünf Mal musste gewählt werden, bis ihr Mitarbeiter endlich durchkam – und auch das nur haarscharf. Im ersten Wahlgang stimmen nur elf der dreißig Senatoren für den Kandidaten, ein Schock für Bauer und Porth.

Eindringlich redet die Grünen-Frau dem Gremium ins Gewissen, es möge sich seiner Verantwortung bewusst sein. Vergeblich, auch im zweiten Anlauf scheitert Väterlein, immerhin nur noch knapp mit 16 zu 14 Stimmen. Es folgt ein dritter Durchgang, nun mit 15 Ja- und 16 Nein-Stimmen. Das ist eine zu viel, das Ergebnis mithin ungültig. Im zweiten dritten Wahlgang gibt es dann Verwirrung: 15 Ja-Stimmen entfallen auf den Professor, die anderen 15 erhält er nicht. Zur Verblüffung der Senatoren verkündet Bauer, damit sei der Bewerber gewählt. Väterlein wird in den Saal gerufen, die Ministerin gratuliert ihm, er bedankt sich, allseits wird applaudiert. Dann wird, siehe oben, der Kanzler gewählt.

Erst Stimme zu viel, dann falsche Wahlzettel

Danach wird es peinlich für Bauer, die ohnehin schon sichtlich mitgenommen wirkt. Ministeriale ziehen sie auf die Seite und erklären ihr etwas. Was, offenbart sie anschließend dem Plenum: Die Stimmzettel für den Vizepräsidenten – man konnte nur „Ja“ ankreuzen – seien fehlerhaft gewesen; auch Nein oder Enthaltung müssten möglich sein. Die Folge: Der zweite dritte Wahlgang ist ungültig, nötig wird ein dritter – in dem es dann endlich hauchdünn klappt. Nun kann auch Väterlein aufatmen.

Zuvor hatte Bauer fast schon Mitleid geerntet, wie man sie da ins Messer laufen ließ. Für die vorhergehenden Abstimmungen seien die Stimmzettel so korrekt gewesen, sagt ihr Sprecher. Die Besonderheiten eines dritten Wahlganges aber habe man „im Vorfeld nicht mitbedacht“. Als Konsequenz aus dem „Fehler“ gebe das Ministerium den Hochschulen nun eine Empfehlung für solche Konstellationen an die Hand. Von all dem stand in der Pressemitteilung der DHBW natürlich keine Silbe. Allenfalls das beigefügte Gruppenfoto mit dem Präsidenten ließ gewisse Rückschlüsse zu: Der neue Kanzler lächelte darauf offen, der neue Vizepräsident eher verhalten.