Die Stuttgarter SPD hat einen neuen Kreisvorsitzenden. Dejan Perc holte eine klare Mehrheit. Stuttgart 21 steht er kritisch gegenüber.  

Stuttgart - Die Stuttgarter SPD hat einen neuen Kreisvorsitzenden. Der 35 Jahre alte Kommunikationswissenschaftler Dejan Perc konnte sich am Montag im Cannstatter Kursaal mit 66 Stimmen durchsetzen. Für seinen Kontrahenten, Stadtrat Ergun Can aus Degerloch, votierten 51 Delegierte aus den Ortsvereinen.

 

Damit entschied sich die Basis mit deutlicher Mehrheit nicht für den vom Kreisvorstand vorgeschlagenen, sondern für den vor allem von den Jungsozialisten unterstützten Kandidaten. Am Wochenende hatte der scheidende Kreisvorsitzende Andreas Reißig seine erneute Kandidatur überraschend zurückgezogen. In einem Brief an die SPD-Mitglieder hatte er diesen Schritt damit begründet, dass ihm von dem "stellvertretenden Ministerpräsidenten Nils Schmidt eine verantwortungsvolle Position in einem Ministerium" angeboten worden sei.

Kritische Haltung zu Stuttgart 21

Bei der Kandidatenvorstellung betonte Perc in seiner am Ende mit viel Beifall bedachten Rede, dass die SPD in der Regierungsverantwortung nun die Chance habe, "endlich das umzusetzen, wofür wir schon so lange gearbeitet und gestritten haben". Für Stuttgart wolle er eine starke und politische Kreiskonferenz, die in der Öffentlichkeit wieder wahrnehmbar sei und die über die grundlegenden Fragen der Stuttgarter SPD entscheide. Er stehe dem Projekt Stuttgart 21 kritisch gegenüber, respektiere aber die Beschlüsse der Partei und die Aussagen im grün-roten Koalitionsvertrag. Er wolle in der Stuttgarter SPD eine "einladende Mitmachkultur mit gegenseitiger Wertschätzung" schaffen.

Zuvor hatte sein Kontrahent, der 52 Jahre alte Stadtrat Ergun Can, erklärt, dass er sich noch stärker als bisher für seine Partei engagieren wolle. Er bewerbe sich auch um den Kreisvorsitz, weil er dazu von vielen Parteimitgliedern aufgefordert worden sei. "Die schlechten Wahlergebnisse der SPD zeigen, dass wir den Bürgern wieder aufzeigen müssen, warum es notwendig ist, die SPD zu wählen", erklärte der in der Automobilbranche tätige Ingenieur. Vielen seiner Arbeitskollegen sei nicht mehr klar, wofür die Sozialdemokratie überhaupt noch stehe. Um das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen, müsse sich die SPD stärker um den Strukturwandel in der Automobilbranche kümmern und die Lage vieler Geringverdiener durch Mindestlöhne und den Abbau befristeter Arbeitsverträge verbessern. In der Bildungspolitik müssten endlich gleiche Chancen für alle verwirklicht werden.

Vor der Wahl seines Nachfolgers hatte Reißig eine kurze Bilanz seiner achtjährigen Amtszeit gezogen. "Der Wechsel im Land hat begonnen, wir können einen neuen Politikstil verwirklichen." Dafür wünsche er sich eine selbstbewusste, mutige, solidarische aber stets auch kompromissbereite Sozialdemokratie. "Ohne die Stuttgarter SPD geht im Rathaus nichts."