Seit fast zehn Jahren regiert Stephen Harper Kanada, aber wirklich beliebt war der Konservative nie. Jetzt haben die Kanadier ihn mit einer wohl denkwürdigen Klatsche abgewählt - und einem jungen Liberalen das Vertrauen geschenkt.

Ottawa - Mit einem Erdrutschsieg für die Liberalen haben die Kanadier ihren konservativen Premierminister Stephen Harper nach fast zehn Jahren im Amt abgewählt. Die Liberalen mit ihrem Spitzenkandidaten Justin Trudeau gewannen bei der Parlamentswahl am Montag (Ortszeit) ersten Prognosen zufolge mehr als 170 Sitze und können damit eine Mehrheitsregierung stellen.

 

Trudeau wird damit Premierminister - wie es bereits sein Vater Pierre Trudeau mit einer Unterbrechung zwischen 1968 und 1984 war. Harper, der Kanada seit 2006 regierte und seitdem zweimal wiedergewählt worden war, musste dagegen große Verluste einstecken und ein Debakel erleben.

Auch für die sozialdemokratische Neue Demokratische Partei (NDP), die in Prognosen vor der Wahl zeitweise Kopf an Kopf mit den beiden anderen Parteien gelegen hatte, war die Wahl ein Fiasko. Sie landete in der Gunst der Wähler abgeschlagen auf dem dritten Rang. Spitzenkandidat Thomas Mulcair gewann ersten Prognosen zufolge noch nicht einmal seinen eigenen Wahlkreis.

Harper war im Wahlkampf vor allem wegen der schwächelnden Wirtschaft und seiner harten Haltung in der Flüchtlingskrise unter Druck geraten. „Es ist dringend Zeit, dass Harper wegkommt“, sagte eine Flugbegleiterin vor der Wahl. „Er hat Kanada einfach nicht gut regiert und schien auch nicht sympathisch.“ Andere Kanadier - gerade in traditionell konservativen Provinzen wie Alberta - sahen Harper dagegen jedoch weiter als Garant für Jobs und Aufschwung und warfen dem 43 Jahre alten Trudeau mangelnde Erfahrung vor.

Insgesamt waren rund 25 Millionen Kanadier in dem flächenmäßig zweitgrößten Land der Welt aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Die Wahlbeteiligung war ersten Erhebungen zufolge relativ hoch.