Nach dem Einzug der AfD in drei ostdeutsche Landtage müssen die Parteien umdenken. Die Neulinge haben mit den Themen Flüchtlinge, Familie und Kriminalität viele Protestwähler erreicht.

Potsdam - Der Siegeszug ist nicht aufzuhalten. Als die ersten Hochrechnungen aus Thüringen und Brandenburg über die Fernsehschirme flimmern, setzt bei der Wahlparty in Potsdam ein ohrenbetäubender Lärm ein. Mit einem zweistelligen Ergebnis bei der brandenburgischen und thüringischen Landtagswahl hat die Alternative für Deutschland (AfD) mehr erreicht, als die Partei vor einem halben Jahr noch für möglich gehalten hat. Das gilt auch für Alexander Gauland, den brandenburgischen AfD-Spitzenkandidat und früheren Zeitungsherausgeber. Gauland kommt mit seiner nachdenklichen Art an. Er ist kein Politiker, der sich nach vorne drängt. Bei der Wahlparty in Potsdam müssen ihn seine Leute sogar überreden, sich in der Mitte des AfD-Führungsteams zu platzieren, damit ihn die Kameras besser einfangen. In einer ersten Reaktion sagt er zum Ergebnis: „Das ist der glücklichste Tag in meinem Leben.“

 

Schon bei der Bundestagswahl vor einem Jahr zeigte sich, dass die AfD im Osten besonders viel Zulauf hat. Das gute Abschneiden in Sachsen vor zwei Wochen war für die jüngsten Wahlkämpfe eine Steilvorlage. Ein Grund für den Zulauf ist, dass die AfD vor allem als Protestpartei wahrgenommen wird. Die Forderungen nach besserem Schutz vor Kriminalität und ein härterer Kurs in der Flüchtlingspolitik sind populär. Viele Wähler haben auch das Gefühl, dass eine neue politische Kraft den Parlamenten guttut. Der AfD-Chef Bernd Lucke drückt das so aus: „Die Bürger dürstet nach einer politischen Erneuerung im Lande.“ Bisher gelingt es der AfD, Hoffnungen auf einen Politikwechsel zu nähren.

Gauland erwähnt Parteichef Lucke mit keinem Wort

Die Erfolge sind erstaunlich, weil die AfD programmatisch noch am Anfang steht. Dass Spitzenkandidat Gauland vor einigen Wochen noch vor der Spaltung der AfD gewarnt hat, wurde kaum wahrgenommen. Gauland ist im Führungskreis der AfD umstritten, weil er anders als die Europaabgeordneten Lucke und Hans-Olaf Henkel Sanktionen gegen Russland strikt ablehnt. Dass der Ex-CDU-Politiker mit Lucke manchen Strauß ausficht, wird auch am Wahlabend deutlich. Als der brandenburgische Chef namentlich die Unterstützer aus der Bundespartei aufzählt, erwähnt er Lucke mit keiner Silbe. Lucke gibt zu diesem Zeitpunkt längst Interviews. Gauland macht kein Hehl daraus, dass er mit Lucke über die Russland-Politik streitet. Die AfD sei aber eine Partei, die Auseinandersetzungen offen führen könne.