Die Jungen Liberalen sind auf Mitgliedersuche. Also werben sieben Vorstandsmitglieder der Julis mit einem Foto, das an die linke „Kommune 1“ der 68er Rebellen erinnert – und werden von Facebook zensiert.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Provokation gehört in der Werbung zum Geschäft. Die Politik ist da viel braver – zu groß ist die Angst vor negativen Reaktionen der Wähler. Die Jungen Liberalen setzen sich darüber hinweg. Ihren Europawahlkampf starten sie in den sozialen Netzwerken mit einem Nacktfoto. Es zeigt die Rückenansichten von sieben Juli-Vorständlern, mit erhobenen Händen an die Wand gestellt.

 

Wer das Motiv kennt, liegt richtig: Es stammt von der „Kommune 1“, der linken Berliner Wohngemeinschaft, die sich im Januar 1967 aus der außerparlamentarischen Opposition (Apo) der Studentenbewegung heraus gefunden hatte. Damals ließen sich die Rebellen um Dieter Kunzelmann und Rainer Langhans aus Protest gegen Staatsgewalt und Kleinbürgerlichkeit von Thomas Hesterberg ablichten – wie bei einer Polizeirazzia eben. Die Julis haben die Choreografie eins zu eins übernommen. Nur das Kind haben sie weggelassen; die Gefahr, erneut in eine Pädophiliedebatte zu geraten, die an allzu freizügige Ideen der damaligen FDP-Jugend Deutsche Junge Demokraten in den achtziger Jahren erinnert, erschien wohl zu groß.

Die Julis meinen es ernst

Die Aktion ist freilich keine Persiflage, mit der sich die Julis vom Klischee der streberhaften Jurastudenten absetzen wollen – sie meinen es ernst. „Wer hätte gedacht, dass wir mal die Ideale der 68er verteidigen müssen?“, heißt es auf der Website. Die Liberalen seien die Apo 2.0. Dass man politisch von außerhalb des Parlaments viel verändern könne, habe die damalige Bewegung gezeigt. Genauso hart und unnachgiebig wolle man nun Missstände ansprechen, intoniert der FDP-Nachwuchs. Wie die 68er „werden wir in der Gesellschaft und auf der Straße gewaltfrei für unsere Überzeugungen eintreten“.

Die Reaktionen bei Facebook schwanken zwischen Lob und Spott. Die Facebook-Betreiber hingegen überzogen die nackten Hinterteile am Donnerstagnachmittag mit einem schwarzen Balken. Juli-Chef Alexander Hahn, selbst im Bild, ist sauer: „Unsere Nachstellung eines der bekanntesten Politfotos wegen angeblicher Anstößigkeit zu zensieren führt auf jeden Fall jene Spießbürgerlichkeit vor Augen, gegen die wir angehen.“