Carsten Hansen kommt lediglich in einem Fellbacher Wahl-lokal knapp an das Ergebnis der neuen Oberbürgermeisterin heran.

Fellbach - Morgens zwischen 8 und 12 Uhr kann die Welt ganz schön ereignislos sein. So jedenfalls kam es der Helferin eines Wahllokals in der Fellbacher Kernstadt am Sonntagvormittag vor. Bis 10.34 Uhr waren es 42 Wähler, um dreiviertel eins auch erst 105.

 

Deutlich weniger Urnengänger also als bei früheren OB- Wahlen in Fellbach. Und was die Beobachterin noch auffälliger fand: Unter jenem starken 100 war gerade mal eine junge Erwachsene im Alter von um die 20 Jahre, die ihre Stimme abgab. „Dabei sollte man doch eigentlich vermuten, dass so eine wichtige Wahl, die die Bürger unmittelbar betrifft, auch unter jungen Menschen deutlich mehr Interesse hervorruft.“

Von den potenzielen 34 704 Wahlberechtigten streben nur 14 776 in die Wahllokale

Tat es aber nicht – so die Feststellung, auch wenn es für diese Feststellung außer der Beobachtung der Wahlbetreuerin keine wissenschaftliche Bestätigung gibt. Obgleich mit Gabriele Zull und Carsten Hansen zwei gewichtige Kandidaten antraten, die für die Führung eines solch’ wichtigen Amtes die Substanz und beste Voraussetzungen mitbringen und somit eine Duell-Situation hervorriefen, strebten von den potenzielen 34 704 Wahlberechtigten nur 14 776 in die Wahllokale. Die Wahlbeteiligung lag somit insgesamt für Gesamt-Fellbach bei gerade mal 42,6 Prozent. Also deutlich weniger als im Jahr 2000 bei dem viel beachteten Duell von Christoph Palm gegen die damalige Fellbacher Sozialbürgermeisterin Barbara Bosch mit 54,2 Prozent im zweiten Wahlgang sowie bei Palms Wiederwahl 2008 mit immerhin wenigstens knapp 45 Prozent.

Über die Gründe konnten die Besucher im Ratssaal am Sonntag auch allenfalls spekulieren: zwei in ihren Ansichten häufig gleichliegende Kandidaten, kein aktuell aufrüttelnd-polarisierendes Aufregerthema in der Stadt, allgemeine Wahlmüdigkeit – in Neckarsulm lag die Wahlbeteiligung ebenfalls bei mageren 47,3 Prozent. Als Grund genannt wurde gelegentlich das Nieselwetter – was aber mangels attraktiver Ausflugsleidenschaft an einem solchen Tag eher zum genau gegenteiligen Effekt hätte führen können.

Dabei waren die Wahlkampfveranstaltungen doch alle proppenvoll gewesen, für die offizielle Kandidatenvorstellung in der Schwabenlandhalle mussten angesichts der 1600 Interessenten die Reden gar in weiteren Räumen auf die Leinwand projiziert werden. These eines Gemeinderats vom Sonntag: Vor allem die an der Lokalpolitik interessierten Bürger ließen sich auch für die Wahl motivieren. Für die anderen ist dies kein Grund, den sonntäglichen Ruherhythmus für einen Gang ins Wahllokal zu unterbrechen. Dazu passt, dass der Andrang im großen Sitzungssaal des Rathauses an einem Sonntagabend bei früheren Wahlen ebenfalls schon deutlich stärker ausgefallen war.

Im Wahllokal Schlössle in Oeffingen kann Zull 73,9 Prozent einfahren

Der prächtigen Stimmung unter den Gewinnerfraktionen, also Christdemokraten sowie Freien Wählern/Freien Demokraten, tat dies keinen Abbruch. Dass ein und dasselbe Zwischenergebnis, das minutenlang in einer Wiederholungsschleife auf der Leinwand zu sehen war, immer wieder aufs Neue für Jubel sorgte, fiel den Applaudierenden gar nicht auf. Es waren jene 73,9 Prozent, die Gabriele Zull im Wahllokal Schlössle in Oeffingen einfahren konnte. Carsten Hansen hatte dementsprechend hier mit 23,3 Prozent in der Schulstraße sein magerstes Resultat.

SPD-Mitglied Hansen zeigte sich am Sonntagabend reichlich enttäuscht über den doch reichlich vorhandenen Abstand von genau 27 Prozentpunkten zu seiner Konkurrentin – damit hatte er offenkundig nach den ihn positiv stimmenden Begegnungen mit den Bürgern bei seinen Wahlveranstaltungen nicht gerechnet. Vielmehr hatte Hansen auf ein Gesamtergebnis gehofft, wie er es zumindest in der Kernstadt im Wahllokal Friedrich-Schiller-Gymnasium in der Pestalozzistraße 50 erreichen konnte: 47,5 Prozent für den gebürtigen Itzehoer, 49,7 Prozent für die amtierende Göppinger Sozialbürgermeisterin. Wäre dies tatsächlich das Ergebnis für Gesamt-Fellbach gewesen, hätte es den von Hansen erhofften zweiten Wahlgang geben müssen – speziell für diesen Fall hatte er sich noch eine zweiwöchige Urlaubsreserve geschaffen. Dies allerdings lieb der einzige Höhenflug Hansens. Auch in der SPD-Hochburg Schmiden konnte er Zull nicht gefährlich werden, wobei er hier mit 35,8 Prozent leicht über seinem Gesamtergebnis von 34,2 Prozent landete.

Auffällig bei der Betrachtung ist auch der noch klarere Vorsprung Gabriele Zulls bei den Briefwählern

Auffällig bei der Betrachtung ist ansonsten der noch klarere Vorsprung Gabriele Zulls bei den Briefwählern (3895 Bürger, also rund 26,3 Prozent der tatsächlichen Wähler gaben auf diesem Weg ihre Stimme ab): Zull erreichte dabei 65,1 Prozent, Hansen kam auf 29,7 – was darauf hindeuten dürfte, dass die vom bürgerlichen Lager unterstützte Kandidatin bei den älteren Wählern, die häufiger Briefwahl nutzen, besondere Unterstützung erfahren hat.