Eine Ausstellung der Landeszentrale für politische Bildung im Kaufmännischen Berufsschulzentrum erzählt die Geschichte der Bundesrepublik von der Gründung bis zur Wiedervereinigung – mit historischen Wahlplakaten

Böblingen - Was sind die beherrschenden Themen in der jungen Bundesrepublik gewesen? Welche gesellschaftlichen Trend lösten in den 70er Jahren jenen der 60er Jahre ab? Solche Fragen lassen sich gut beim Studium von Wahlplakaten aus dieser Zeit beantworten. 99 Plakate der zwölf Wahlkämpfe zwischen 1949 – dem Gründungsjahr der Bundesrepublik – und 1990, dem Jahr der Wiedervereinigung und der ersten gesamtdeutschen Wahl, hat die Landeszentrale für politische Bildung in einer Ausstellung zusammengefasst. Einen Teil dieser Schau hat sich das Kaufmännische Berufsschulzentrum ins Haus geholt. Gestern wurde sie eröffnet.

 

Cornelia Neudörffer, Lehrerin für Gemeinschaftskunde, hat die Ausstellung an die Schule geholt. „Wie kann ich meine Schüler, von denen viele in diesem Jahr zum ersten Mal wahlberechtigt sind, für die Bundestagswahl begeistern?“, fragte sie sich. Die 32 Plakate, die nun im Flur vor der Mensa hängen, bieten viel Stoff zum Nachdenken und Nachfragen – Geschichtsunterricht mit Wahlpostern.

Ost-West-Konflikt war immer Thema

Parteien kamen und gingen – auch das macht die Schau deutlich. 1949 standen noch Namen wie KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) oder die Zentrumspartei auf den Wahlzetteln. Ein wichtiges Thema war damals das Schicksal der Flüchtlinge aus den ehemaligen deutschen Gebieten im Osten. So versprach die SPD „mit allen friedlichen Mitteln um jeden Quadratkilometer östlich der Oder und Neiße zu kämpfen“. Vier Jahre später warnte die CSU „vor dem Schreckgespenst des Kommunismus“. „Der Ost-West-Konflikt war eigentlich immer Thema der Wahlkämpfe“, sagte Wolfgang Berger von der Landeszentrale für politische Bildung, der in die Schau einführte.

In den 70er Jahren – der Hochzeit der Frauenbewegung – entdeckten auch die Parteien ihre neue Zielgruppe. Mit der Karikatur einer überforderten Hausfrau warben 1976 die Sozialdemokraten um Gleichberechtigung: „Hausfrau sein ist schön. Für den Mann“. Die CDU setzte dagegen mit dem Konterfei einer jungen Frau und dem Slogan „Frauen für die CDU, damit Fraueninteressen nicht links liegen bleiben“.

Der Zeitgeist lässt sich nicht nur an den Themen, sondern auch am Layout der Wahlplakate ablesen. Kurz und prägnant waren die Slogans in den 50er und 60er Jahren. Mit dem Aufkommen der Friedens- und Frauenbewegung schlug sich die neue Debattierkultur auch in der Gestaltung der Wahlposter nieder: eine Art Essay über Gleichberechtigung findet sich auf dem Plakat der SPD 1976.

In den 80er Jahren werden die Plakate bunt

Farbig und mit Kinderzeichnungen verziert werden die Plakate dann in den 80er mit der neuen Partei der Grünen. „Wir sind bunt, fantasievoll und anders als die etablierten Parteien“ – das drücken die Werbeposter aus. Auch noch das von 1990, das mit einem Kinderkreisel für „ein Deutschland ohne Armee“ warb. Neun Jahre später rechtfertigte der grüne Außenminister Joschka Fischer auf dem Parteitag seiner Partei in einer denkwürdigen Rede den Einsatz deutscher Truppen im Kosovokrieg. Der Zeitgeist hatte sich wieder einmal gewandelt.