Spaniens König Felipe hat vergebens mit den Parteiführern gesprochen: Sie konnten sich nicht auf eine regierungsfähige Mehrheit einigen. Jetzt müssen die Bürger am 26. Juni nochmals zur Wahlurne.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Madrid - Am heutigen Dienstag bekommt Spaniens König Felipe VI. noch einmal Besuch von Patxi López, dem Präsidenten des spanischen Parlaments. Um Mitternacht lief die letzte Frist für die Bildung einer neuen Regierung ab, und weil die Parteien sich in den gut vier Monaten seit den Wahlen am 20. Dezember auf kein mehrheitsfähiges Bündnis einigen konnten, blieb López nichts anderes übrig, als das Parlament aufzulösen und Neuwahlen für den 26. Juni anzusetzen. Und dem König bleibt nichts anderes übrig, als diesen Beschluss mit seiner Unterschrift abzusegnen. Spanien erlebt aufregende Zeiten, und mitten in dem Trubel muss Felipe lernen, seine Rolle als neutrales Staatsoberhaupt auszufüllen.

 

Auf dem Weg in die Demokratie

Vor knapp zwei Jahren übernahm er den Thron von seinem Vater Juan Carlos, der sich einst noch größeren Herausforderungen stellte: Nach fast vierzig Jahren Franco-Diktatur musste er Ende der 1970er Jahre zusehen, wie Spanien auf den Weg zur Demokratie zu bringen war. Der Versuch gelang. Nach einem letzten Aufbäumen rechter Militärs beim Putschversuch im Februar 1981 wurde Spanien zu einer dieser etwas langweiligen und berechenbaren westlichen Demokratien, in denen sich die Regierungen ohne großen Lärm einander die Geschäfte übergeben. Juan Carlos konnte sich fortan aufs gute Leben beschränken. Alle Wahlen brachten klare Sieger hervor, und der König beauftragte sie mit der Regierungsbildung, wie es die Verfassung vorsieht.

Im Juni 2014 dankte Juan Carlos ab, weil er mit dem guten Leben zu weit getrieben hatte. Sein Sohn und Thronfolger Felipe versprach eine „erneuerte Monarchie für neue Zeiten“. Die neuen Zeiten sind etwas komplizierter als die alten. Mit dem Platzen der Immobilienblase 2008 stürzte Spanien in eine schwere Wirtschaftskrise, und die Spanier stellten Dinge in Frage, die sie lange nicht in Frage gestellt hatten. Auch die Monarchie: Als Juan Carlos seine Abdankung bekannt gab, versammelten sich in Madrid Tausende Demonstranten, die die Zeit für eine Republik gekommen sahen. Die Revolution blieb jedoch aus. Stattdessen wirbelten die Spanier bei den Wahlen im Dezember letzten Jahres die politische Landschaft durcheinander: Die Linkspartei Podemos und die liberalen Ciudadanos zogen neu ins Parlament ein, und auf einmal gab es keine klaren Mehrheiten mehr, weder für die neuen noch für die alten Parteien.

Der König kann die Parteien nicht zwingen

Felipe tat, was er konnte, um den Knoten aufzulösen. Viel war das nicht. Er sagte die meisten seiner geplanten Auslandsreisen ab und beschränkte seine öffentlichen Auftritte auf ein Minimum. Er blieb zuhause im Zarzuela-Palast und empfing einen nach dem anderen die Sprecher der im Parlament vertretenen Parteien, insgesamt drei Mal. Er redete ihnen ins Gewissen, forderte sie auf, über ihren Schatten zu springen, und erinnerte sie daran, dass Neuwahlen Geld kosten. Es nützte nichts. Die Parteien wollten nicht zueinander finden, und der König konnte sie nicht zwingen. Felipe ist der oberste Repräsentant des Staates, aber die Regierungsbildung müssen die Politiker selbst untereinander ausmachen. Nach den Wahlen im Juni wird der König wieder mit ihnen sprechen. Auf dass sie diesmal auf ihn hören.