Der Sozialausschuss vertagt eine Entscheidung über ein neues Betreuungsangebot für psychisch kranke Menschen in Notlagen auf das kommende Jahr – nicht zuletzt angesichts der Sparvorgaben für den im Entstehen befindlichen neuen Kreishaushalt.

Waiblingen - Der im Rahmen des Psychiatrieplanungsprozesses des Kreises vorgesehene Krisen-, Klärungs- und Vermittlungsdienst wird zumindest im kommenden Jahr noch nicht an den Start gehen können. Nach einer heftigen Diskussion hat der Sozialausschuss das Projekt mit der deutlichen Mehrheit von 13 zu acht Stimmen zumindest für ein Jahr in die Warteschleife verwiesen. Angesiedelt bei Kreisverwaltung und Sozialpsychologischem Dienst sollte eine neu einzustellende Fachkraft psychisch kranke Menschen in Notlagen vor Ort aufsuchen, deren Gesamtsituation und Behandlungsbedürftigkeit klären und – soweit möglich – passende Hilfen vermitteln.

 

Das Praxisbeispiel für die Fälle, in denen sich die örtlichen Ämter im Umgang mit psychisch kranken Menschen überfordert fühlen und auf ein eigenständiges Hilfsangebot dringen, hatte im Mai dieses Jahres, als das Gremium noch einstimmig für die Ausarbeitung und Installierung des Hilfskonzeptes votiert hatte, die Stadt Murrhardt geliefert: Mit nachbarschaftlichen Beschwerden über eine 40-jährige Frau und deren absonderliches Verhalten hatte die Sache dort vor gut drei Jahren begonnen. Mitarbeitern des Rathauses hatte die Frau dann von Abhöraktionen des Bundesnachrichtendienstes erzählt und von einer Operation, bei der ihr irgendetwas eingepflanzt worden sei. In der Folge behauptete die Dame, von Nachbarn mit Strom gefoltert zu werden. Und wiederum ein Jahr später pöbelte sie Passanten an, belästigte Kinder auf Spielplätzen. Nachdem sie einen Passanten mit einem Stock von seinem Fahrrad geschlagen hatte, wurde sie in eine psychiatrische Klinik gebracht und wegen einer schizophrenen Psychose medikamentös behandelt. Nach der Entlassung eskalierte die Situation wieder – unter anderem warf sie Gegenstände nach den Mitarbeitern des Ordnungsamtes.

Solche Fälle scheinen der Mehrheit des Sozialausschusses nun durchaus durch die örtlichen Ämter handhabbar zu sein. In seiner Stadt gebe es diesbezüglich kein Problem, bekundete der Winnender Oberbürgermeister und CDU-Kreisrat Hartmut Holzwarth, und sein für die Freien Wähler im Gremium sitzender Erster Bürgermeister Norbert Sailer nickte bestätigend. Zweifel am Sinn des Konzeptes äußerte auch der frühere Schorndorfer Erste Bürgermeister Horst Reingruber. Eine einzige Kraft, die im ganzen Kreis zuständig sein solle, das könne eigentlich kaum funktionieren, sagte der CDU-Abgeordnete.

Eine klare Ansage kam vom diesbezüglich befragten Kreiskämmerer Frank Geißler. Wer einerseits in der Etatdiskussion globale Minderausgaben beim Personal verfüge, könne nicht andererseits zusätzliche Stellen schaffen – „das geht nicht zusammen“. Am Ende stimmten nur Grüne, SPD und der Vertreter der Linken gegen die Vertagung auf finanziell vielleicht bessere Zeiten im kommenden Jahr.