Das Forstamt schlägt dem Weil der Städter Gemeinderat bei seinem Waldbegang ein „Alt- und Totholzkonzept“ vor.

Weil der Stadt - Fast schon in Ostelsheim steht man, wenn man im Steckental dem Ochsensträßle folgt – sich aber immer noch auf der Gemarkung Weil der Stadt befindet. Denn nach Herrenberg, Sindelfingen und Leonberg hat Weil der Stadt die viertgrößte Waldfläche im Kreis Böblingen.

 

Einiges zu tun gibt es also für den Förster Markus Scholl, der sich jetzt genau seit einem Jahr um den Weiler Wald kümmert. „Es ist sehr anstrengend“, sagt er. „Aber es macht Spaß und ist eine tolle Herausforderung.“ Erste Erfolge will er zeigen, deshalb hat Scholl die Stadtspitze und den Gemeinderat am Freitag eingeladen, um eben jenes Ochsensträßle zu erwandern.

Seit einem Jahr ist Markus Scholl in Weil der Stadt

Ein sehr wildwüchsiger Wald hat sich hier breit gemacht, Eichen, Buchen und Lärchen, und viele, viele Kiefern stehen hier. Bunt gemischt also – genau das ist der Grund, warum hier in den nächsten Jahren was ganz neues kommen könnte, das Weil der Stadt bislang nicht kennt: ein kleiner Bannwald nämlich.

Auch Inge Hormel, die beim Böblinger Forstamt für den nördlichen Landkreis zuständig ist, begleitet den Gemeinderats-Waldbegang. „Die Forstwirtschaft ist zunehmend auch für den Artenschutz verantwortlich“, sagt sie. Eine Möglichkeit hierfür sei das „Alt- und Totholzkonzept“, das es in Baden-Württemberg seit 2011 gibt. „Den Kommunen ist es freigestellt, ob sie dieses Konzept übernehmen wollen, oder nicht“, erläutert Hormel den Gemeinderäten. Drei Elemente umfasst das Alt- und Totholzkonzept: Die Förster lassen Einzelbäume stehen. Zusätzlich schützen sie Gruppen von bis zu 15 Bäumen. Und es werden Waldrefugien von ein bis drei Hektar Größe ausgewiesen, also kleine Bannwälder, die dann dem natürlichen Zerfall überlassen werden.

Solche Bannwälder bilden dann Lebensraum für Fledermäuse, Spechte und Käfer. Aber auch Flechten, Moose und viele Pilze lieben den natürlichen Zerfall von totem Holz. Und genau solch ein Waldrefugium ließe sich im Steckental, beim Ochsensträßle, einrichten. „Einzelne Elemente des Konzepts setzen wir aber auch jetzt schon um“, sagt Inge Hormel.

„Jeder Wald ist anders“

„Wir raten dennoch zu dem Konzept“, erklärt sie den Gemeinderäten. Ein Vorteil sei vor allem, dass eine solche Naturschutzmaßnahme angerechnet werden kann, wenn an anderer Stelle – etwa durch Ausweisung von Neubaugebieten – Natur verloren geht. Dann sind Kommunen nämlich zum Ausgleich verpflichtet.

Ob der Weil der Städter Förster Markus Scholl das Alt- und Totholzkonzept umsetzen kann, das muss jetzt der Gemeinderat entscheiden. Er hat aber auch jetzt schon genug zu tun. Seit einem Jahr ist Scholl in Weil der Stadt, gerade genug Zeit, sich einzuleben. „Jeder Wald ist anders“, berichtet er von seinem Anfang.

Vorher war er in Hessen tätig. Vor allem die Vielfältigkeit im Heckengäu hat es ihm angetan. „Es gibt hier so viele, verschiedene Baumarten“, sagt er. „Und jede Baumart muss man kennen.“ Neu ist für Scholl auch, die komplette Verantwortung für einen Wald zu tragen. „Wenn ich in fünf Jahren wieder an diese Stelle komme, und etwas stimmt nicht, bin ich es, der es verbockt hat“, sagt er und schmunzelt. Aber Scholl und seine drei Forstwirte regeln das schon, von der Forstrevierleiterin Inge Hormel und dem Bürgermeister Thilo Schreiber gibt es nur das höchste Lob. Richtig loslegen können sie dann, wenn es den neuen, vom Gemeinderat angeschafften, Schlepper gibt. Dann ist die Arbeit noch sicherer, wenn ein Baum hängen bleibt.