Sie gelten als verfeindet, sorgen oftmals auch für Negativschlagzeilen: Doch in den schwersten Stunden, die Kroatien seit Langem erlebt, halten die Ultras von Dinamo Zagreb, Hajduk Split und Co. zusammen – und unterstützen die Feuerwehr bei der Brandbekämpfung.

Stuttgart - Die heftigen Waldbrände, die derzeit entlang der Adriaküste in Kroatien und Montenegro wüten, halten die Region seit Tagen in Atem. Während die Feuerwehr, auch mit Unterstützung aus dem Ausland, alles unternimmt, um das Feuer in den Griff zu bekommen und etwaige Übergriffe auf die dalmatinische Stadt Split zu verhindern, sorgen die Fans der größten kroatischen Fußball-Vereine für schöne Schlagzeilen in einem Land, das in jüngster Vergangenheit durch politische Krisen und Korruption gebeutelt wurde.

 

Die „Bad Blue Boys“ von Dinamo Zagreb und die „Torcida“ von Hajduk Split – nicht nur im Stadion, auch gesellschaftlich sind sich die Ultragruppierungen der beiden bedeutendsten Vereine des Landes gewöhnlich spinnefeind. Wenn die direkten Begegnungen in der kroatischen Liga oder im Pokal ohne schwerwiegende Vorkommnisse oder Spielunterbrechungen vonstatten gehen, ist man im Fußball-Verband schon glücklich. Nun aber halten die Fans der Vereine zusammen und zeigen, dass es Wichtigeres gibt als eine Rivalität im Fußball.

Fans aus dem ganzen Land reisen an

Als die Brände in und um Split dramatische Züge annahmen, rief die Gruppierung „Torcida“ ihre Mitglieder über die sozialen Medien zum Handeln auf. „Die Situation erfordert eine schnelle Reaktion, wir müssen der Feuerwehr helfen, wo wir nur können“, heißt es in dem Schreiben. „Zieht euch lange Hosen und Oberteile an und helft mit. Zusammen schaffen wir das!“ Das Fußball-Turnier „Torcida Cup“, das von den Hajduk-Fans organisiert und derzeit ausgetragen wird, wurde vorübergehend unterbrochen.

Es dauerte nicht lange, bis sich die Fangrupperungen anderer Vereine dazu bereit erklärten, ebenfalls nach Dalmatien anzureisen, um alle Beteiligten vor Ort zu unterstützen. Mit mehreren Bussen machten sich die Anhänger von Dinamo Zagreb auf den Weg ins etwa 400 Kilometer entfernte Split. Dazu gesellten sich die Mitglieder der „Tornado“, die sich in der Küstenstadt Zadar für die Unterstützung des dortigen Fußball- und Basketball-Clubs verantwortlich zeichnen, sowie Fans einiger weiterer kroatischer Erstligisten.

Darüber hinaus boten die Ultras denjenigen Menschen, die aufgrund der dramatischen Lage ihre Häuser verlassen mussten, Unterkünfte an – einige Bewohner Splits machten davon Gebrauch und verbrachten die Nacht in den Räumlichkeiten der „Torcida“. Bereits vor gut drei Jahren konnte durch einen ähnlichen Fan-Zusammenschluss im Zuge der Hochwasserkatastrophe in Slawonien wichtige Hilfe geleistet werden.

Fußball als „Vorbild für die Politik“

Landesweit ruft der Zusammenschluss der Fußball-Fans äußerst positive Reaktionen hervor. „Die Ultras setzen ein Zeichen für die Gesellschaft – die Politiker in unserem Land könnten sich daran mal ein Beispiel nehmen“, heißt es unter anderem in den Kommentarspalten der kroatischen Online-Portale. Dass der Sport durch sein verbindendes Element eine positive Kraft ausüben kann, wird ebenso oftmals betont.

Bernard Jurisic, angesehener Journalist des Landes und einer, der mit seiner offenen Meinung nur selten hinterm Berg hält, sieht in der Aktion der Ultras gar ein Aufbruchsignal und wendet sich in einem Tweet direkt an die politische Elite Kroatiens: „Bei zwölf Bengalos in einem Stadion wird eine außerordentliche Parlamentssitzung einberufen – wenn aber um Split 14 Brände wüten und Menschen ihre Häuser verlassen müssen, passiert erstmal nichts.“ Das müsse sich, nicht nur seiner Meinung nach, dringend ändern. Die Fans von Dinamo Zagreb, Hajduk Split und Co. seien mit gutem Beispiel vorangegangen.