Vor zehn Jahren hatte Juliane Ulmer eine Schultüte in der Hand, sie war eine der ersten Waldorfschüler in Sillenbuch. Die Schule feiert ihr zehnjähriges Bestehen bei einem Herbstfest.

Sillenbuch - Die Waldorfschule Silberwald entwächst den Kinderschuhen. Ohne pubertäres Gezicke, aber mit Grund zum Feiern. Aus den 23 Kindern der ersten Klasse bei der Gründung vor zehn Jahren sind heute 307 Schülerinnen und Schüler in elf Klassen geworden. Zu Beginn war die jüngste Waldorfschule Stuttgarts im Obergeschoss eines städtischen Gebäudes an der Gorch-Fock-Straße untergebracht. Seit zwei Jahren residiert sie in einem Neubau an der Kemnater Straße.

 

Eng verbunden mit der Schule

Juliane Ulmer und Nicklas Nusser, beide 17 Jahre alt, gehören zu den Ersten, die in Sillenbuch unterrichtet wurden. Sie erinnern sich gerne an die Anfangszeit und fühlen sich ihrer Schule eng verbunden. „Wir sind mit ihr gewachsen. Es sind viele schöne Kindheitserinnerungen mit dem Anfang verknüpft“, sagt Juliane Ulmer und gesteht, sie habe dem alten Fachwerkhaus zunächst nachgetrauert. „Aber auch im Neubau geht es immer noch sehr familiär zu“, lobt sie.

Nicklas Nusser empfindet es als Vorzug, bei der Gestaltung der neuen Schule dabei gewesen zu sein. Er hat vor allem das helle Klassenzimmer in Erinnerung, von dem aus die Schüler den Blick über die Baumkronen des Waldes schweifen lassen konnten. Als Jahresarbeit hat er eine Broschüre gestaltet, die Spender motivieren soll, sich für die Schule einzusetzen.

Nicklas Nusser und Juliane Ulmer Foto: Schwieder

Ebenfalls von Anfang an dabei ist Julia Wallmersperger, als Mutter und langjähriges Vorstandsmitglied gut vertraut mit der Entwicklung der Schule. „Die Initiative zur Gründung kam von den Eltern“, erinnert sie sich: Wer sein Kind im Anschluss an den Kindergarten auf die Waldorfschule schicken wollte, war auf die Uhlandshöhe angewiesen, wo der Schulweg lang und die Plätze rar waren. Die Gründung sei dann aber so schnell erfolgt, dass die Kinder der Initiatoren noch zu jung für die erste Klasse gewesen seien.

Im Jahr 2005 wurde der Verein Waldorfschule Silberwald gegründet, und im Sommer 2006 kamen die ersten Kinder. Das Konzept hatte Konrad Schmidt erstellt. Er war Lehrer an der Uhlandshöhe und Gründungsberater. Mittlerweile ist er im Ruhestand, begleitet die Schule aber nach wie vor als Mentor der jüngeren Kollegen. Mehr als 40 sind es in diesem Schuljahr. Zu ihnen zählt Semjon Schmidt-Rüdt, seit 2007 Klassenlehrer. Als er neu an die Schule kam, gab es nur wenig Platz: ein Klassenzimmer, ein Zimmer für den Hort und kleine Nebenräume.

In zehn Jahren hat sich einiges verändert; das Einzugsgebiet ist größer geworden. „Wir sind eine richtige Stadtteilschule“, bestätigt der Geschäftsführer Julius Göring. „Die meisten Kinder kommen mit dem Fahrrad oder dem Kickboard.“

Keine typische Waldorf-Architektur

Julia Wallmersperger vergleicht die Entwicklung mit einem Bienenstock: „Mit den Jahren ist Wabe um Wabe hinzugekommen.“ Die mobilen Raumzellen zum Beispiel, mit denen die Schule an der Gorch-Fock-Straße erweitert wurde, bilden einen Saal für Veranstaltungen. Die Container, in denen die Lehrer bis zum Umzug unterrichteten, wurden in Eigenregie in den Neubau integriert und durch eine Holzverkleidung aufgehübscht. Das war viel Arbeit für die beteiligten Mütter und Väter.

Dass die Schule nicht die typische Waldorf-Architektur zeigt, hat vielerlei Gründe: Der Platz war nicht allzu üppig, das Geld wurde lieber in den Innenausbau investiert als in die klassischen Rundungen. Das, so sagen alle Befragten übereinstimmend, passe gut zum Konzept einer modernen Einrichtung. „Die andere Waldorfschule“, nennt Semjon Schmidt-Rüdt das, „nicht versteinert“, formulieren es die Schüler.

Die Kraftanstrengungen des Umzugs waren gewaltig, doch in Erinnerung geblieben sind die besonderen Momente. „Am beeindruckendsten fand ich den Spatenstich“, erzählt Julia Wallmersperger, „als der Grundriss mit Sägespänen abgezirkelt wurde und alle gemeinsam anfingen, zu graben“. Oder die Grundsteinlegung, fügt sie hinzu, als nach Waldorftradition ein Pentagondodekaeder mit von den Klassen gestalteten Büchern in den Boden eingelassen wurde.

Herbstfest:

Mit einer Feier für die Schülerinnen und Schüler und einem Festakt für geladene Gäste feiert die Waldorfschule am heutigen Freitag, 11. November, ihren Geburtstag. Das Herbstfest findet am morgigen Samstag, 12 bis 17 Uhr, auf dem Gelände an der Kemnater Straße 21 statt. Es wurde anlässlich des zehnjährigen Bestehens erweitert.