Auf dem Gelände an der Ulmer Straße haben die Tunnelbauarbeiten für Stuttgart 21 begonnen.

Wangen - Meter für Meter dreht sich die überdimensionale Bohrmaschine ins Erdreich. Sie muss mindestens bis in eine Tiefe von 28 Metern vordringen, denn so lang sind die Stützpfähle, die den an dieser Stelle geplanten Schacht künftig abdichten sollen.

 

Die Arbeiten auf dem ehemaligen Telekom-Gelände in Wangen sind Teil des Bahnprojekts Stuttgart 21. Von dem unmittelbar neben dem Aldi-Parkplatz gelegenen Grundstück hinter dem Gebäude Ulmer Straße 265 erfolgt der sogenannte Zwischenangriff für den Tunnel, der vom Hauptbahnhof nach Obertürkheim führen wird.

Normalerweise versperrt ein drei Meter hoher Bretterzaun den Blick auf das Baufeld. Am vergangenen Dienstag hatte nun jedoch eine Gruppe von CDU-Bezirksbeiräten aus den oberen Neckarvororten sowie die CDU-Bundestagskandidatin Karin Maag Gelegenheit, sich die Arbeiten für den Tunnelbau einmal aus der Nähe anzuschauen. Bislang handelt es sich vor allem um vorbereitende Maßnahmen. Deshalb sieht die Baustelle zum jetzigen Zeitpunkt auch noch „wenig spektakulär“ aus, wie es der Projektleiter der ausführenden Firmen formuliert. Doch auch wenn die Bauarbeiten einmal in vollem Gange sind, werde man vermutlich nicht viel mehr sehen. Schließlich finde der Großteil der Maßnahmen unter Tage statt. Der Projektleiter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, gehört zu einer Arbeitsgemeinschaft aus vier österreichischen Unternehmen, die im Auftrag der Deutschen Bahn den Zwischenangriff in Wangen vornehmen.

„Man wird nachher nichts mehr von uns sehen“

Derzeit seien am Standort an der Ulmer Straße 15 Angestellte beschäftigt. „Aber es werden noch deutlich mehr“, sagt der Projektleiter. In den Spitzenzeiten des Tunnelbaus rechne die Arbeitsgemeinschaft mit einem Personalaufkommen von bis zu 450 Arbeitskräften, die auf der Baustelle tätig sind; natürlich nicht gleichzeitig, sondern im Schichtbetrieb.

Ein Schacht mit einem Durchmesser von 22 Metern soll auf dem Grundstück, das die Bahn von der Telekom gemietet hat, etwa 37 Meter tief in die Erde gegraben werden. Schon jetzt ist die Bohrstelle für die Stützpfähle von einem gigantischen Betonfundament umgeben. Auf diesem soll sich in Zukunft ein Portalkran bewegen, der aber bislang noch in seine Einzelteile zerlegt am Rand des Baufelds liegt. Wenn er einmal zusammengebaut ist, kann er Lasten von bis zu 60 Tonnen heben. Das ist auch notwendig, da über den Zugangsschacht in Wangen während der Bauphase die komplette Versorgung des Tunnels zwischen dem Hauptbahnhof und Obertürkheim erfolgt. Die überschüssige Erde wird herausgeholt und gleichzeitig werden die benötigten Baumaterialien und Fahrzeuge über diesen Schacht in den Tunnel gebracht, erklärt der stellvertretende Projektleiter, der die Besuchergruppe über das Baufeld führt. Von diesem Schacht aus wird der Tunnel in beide Richtungen vorangetrieben – zum Hauptbahnhof und Richtung Unter- und Obertürkheim.

Zu der Baustelle an der Ulmer Straße gehört allerdings deutlich mehr als die reine Bohrstelle für den Zugangsschacht. Sie verfügt sowohl über ein eigenes Betonmischwerk als auch über eine Gewässerschutzanlage. Außerdem gibt es diverse Lagerstätten für die unterschiedlichen Erd- und Gesteinsschichten, die beim Bau des Schachtes an die Oberfläche befördert werden. Auch eine Reifenwaschanlage und eine Waage für den Erdaushub sind geplant, und schließlich gibt es sogar eine eigene Werkstatt und ein Ersatzteillager. Der stellvertretende Projektleiter spricht deshalb von einer „autonomen Baustelle“. Auf diese Weise könnten defekte Geräte unmittelbar vor Ort repariert werden, was die Arbeiten schneller vorankommen lasse.

Im Gegensatz zu vielen anderen Abschnitten des Bahnprojekts soll der in Wangen geschaffene Schacht übrigens nicht auf Dauer bestehen bleiben. Wenn der Tunnelrohbau in einigen Jahren fertig ist, wird der Zugangsschacht wieder zurückgebaut. „Man wird nachher nichts mehr von uns sehen“, versichert der Projektleiter.