Die Stiftung Warentest und der ADAC haben bei einem großen Test im Frühjahr eine ganze Reihe von E-Bikes mit der Note mangelhaft bedacht. Die betroffenen Hersteller wehren sich nun und kritisieren den „katastrophalen Prüfungsaufbau“ und „fehlerhafte“ Interpretationen.

Stuttgart - Die Stiftung Warentest hat wieder einmal Ärger. Zusammen mit dem Automobilclub ADAC hat sie im Frühjahr Elektrofahrräder geprüft – und an gleich neun von 16 getesteten Modellen die Note „mangelhaft“ vergeben. Seither ist die Kritik an diesen Tests nicht verstummt. Nach etwa einem halben Jahr setzen sich nun drei der betroffenen Firmen erneut massiv zur Wehr: Biketec, der Hersteller der „Flyer-“Modelle, Derby Cycle – die Firma produziert unter anderem die Marken Raleigh und Kalkhoff – sowie der Zulieferer Bosch e-Bike Systems.

 

Die betroffenen Hersteller kritisieren vor allem die Prüfmethoden und werfen den Testern einen „katastrophalen Prüfaufbau“ sowie „fehlerhafte“ Interpretationen der Testergebnisse vor. Eigene Tests an baugleichen Rädern hätten mittlerweile die negativen Ergebnisse widerlegt, betonen die betroffenen Hersteller. „Nachträglich konnte der Nachweis erbracht werden, dass die von der Stiftung Warentest getroffenen Aussagen falsch und die Interpretation für den Verbraucher irreführend ist“, lautet beispielsweise die Stellungnahme von Bosch e-Bike Systems.

Schwerwiegende Mängel

Der ADAC wie auch die Stiftung Warentest haben die Ergebnisse gemeinsam veröffentlicht und dabei vor – ihrer Meinung nach – schwerwiegenden Mängeln gewarnt: „Zweimal brach der Rahmen, dreimal der Lenker und dreimal versagten die Bremsen. Vier Modelle spielten sich als Störsender auf“, fassten die Tester damals zusammen. 20 000 Kilometer Fahrt wurden für jedes Rad im Labor simuliert.

Diskussionen lösen – neben den Rahmenbrüchen – insbesondere die Prüfergebnisse zur elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) aus. „Die Elektrik der E-Bikes sendet Funkstörungen aus. Dafür gibt es gesetzliche Grenzwerte. Vier Modelle überschreiten das Limit so stark, dass sie Funkdienste von Polizei, Feuerwehr und Rettungskräften stören könnten“, schrieben die Tester im Juniheft von „Test“. Inzwischen wurde die Aussage korrigiert: „Die Fahrräder Kalkhoff Impulse Premium i8R und Pegasus Premio E8 überschreiten zwar die gesetzlichen Grenzwerte für funkstörende Beeinflussungen, eine Störung der Funkdienste von Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen erscheint allerdings unwahrscheinlich, wie sich im Nachhinein herausgestellt hat“, heißt es in der Korrektur von Anfang September. In ihrer Stellungnahme zu den Vorwürfen bekräftigt die Stiftung aber auch, dass die vier betroffenen Räder die Grenzwerte überschritten hätten. „Deshalb ist auch das Urteil ,mangelhaft‘ weiterhin gerechtfertigt“, geben sich die Warentester überzeugt.

Nicht nur der Antrieb beeinflusst die Strahlung

Betroffen ist unter anderem der Fahrrad-Mittelmotor von Bosch, den laut Stiftung Warentest rund 50 E-Bike-Hersteller in ihre Produkte einbauen. Auch sechs der im Test untersuchten Pedelecs waren mit Bosch-Antrieben ausgerüstet. Gleichwohl, so die Kritik der Fachleute, sei nur bei einem Produkt der Grenzwert für elektromagnetische Strahlung überschritten worden – was als deutlicher Hinweis auf Fehler im Testverfahren gewertet wird. Hier betont die Stiftung Warentest, dass nicht nur der Antrieb die Strahlung beeinflusse, sondern auch die Verlegung der Kabel sowie weitere Bauteile bis hin zum Scheinwerfer. Die sechs Modelle mit Bosch-Antrieb seien eben nicht baugleich, weswegen die unterschiedlichen Messergebnisse plausibel seien.

Kräftig zur Wehr setzt sich auch die schweizerische Firma Biketec, die mit ihrem Modell „Flyer“ als Pionier bei den Pedelecs gilt. Im Test brach bei dem 2690 Euro teuren C5R Deluxe nach wenigen Tausend Kilometern das Teil am Rahmen, an dem das Hinterrad befestigt ist, das sogenannte Ausfallende. Dies führte zum Testurteil „mangelhaft“. Nach Angaben von Biketec-Geschäftsführer Kurt Schär habe die Firma bislang „noch nie Kenntnis von einem Rahmenbruch am Ausfallende“. Und bisher seien mehrere Zehntausend Exemplare der C-Serie verkauft worden.

Alle Räder unter gleichen Bedingungen geprüft

So, wie der Rahmen im Testlabor eingespannt worden war, könnten keine praxisrelevanten Teste gewonnen werden, klagt Biketec nun. Auch hier kontert die Stiftung Warentest: „Alle 16 Fahrräder aus dem Test wurden (ebenso wie die 12 Modelle aus dem Vortest von 2011) unter den gleichen Bedingungen geprüft, einschließlich der Einspannung.“ Unter allen 28 Modellen sei nur beim geprüften Flyer das Ausfallende gebrochen, weshalb ein systematischer Fehler aufgrund der Art der Einspannung auszuschließen sei. Außerdem seien am Rahmen des Test-Flyers neben den Brüchen und Anrissen am Ausfallende noch weitere kritische Brüche beziehungsweise Anrisse am Hinterbau aufgetreten. Für das mangelhafte Ergebnis seien insbesondere die Brüche im Bereich des Tretlagers relevant gewesen.

Holger Brackemann, der den in die Kritik geratenen Test leitete, sieht das eigentliche Problem nicht in den Testergebnissen, sondern in der bisherigen Qualitätssicherung der Fahrradbranche. „Viel zu oft werden nur einzelne Komponenten und nicht die kompletten Räder – so wie sie später verkauft werden – getestet“, betonte er jetzt in einem Gespräch mit dem Radmagazin „Velobiz.de“. Seiner Ansicht nach spiegeln die Prüfnormen der Branche zur Betriebsfestigkeit die Belastungen in der Praxis nicht wider.

Zehn Jahre Garantie

Immerhin hat die Firma Biketec bereits reagiert: Auf das „Elektrovelo Flyer“ gebe es jetzt zum zehnjährigen Jubiläum zehn Jahre Garantie, heißt es auf der Internetseite – und zwar rückwirkend auf die Rahmen aller Flyer ab Modelljahr 2003, wie der Geschäftsführer Schär betont.


Pedelec
Beim Pedelec – englisch für Pedal Electric Cycle – wird der Fahrer von einem Elektroantrieb unterstützt, wenn er in die Pedale tritt. Bis zu einer Geschwindigkeit von 25 Kilometer pro Stunde hilft der Motor – dann gilt das E-Bike auch als Fahrrad. Fährt es mit E-Unterstützung schneller, ist es ein Kraftfahrzeug.

Testergebnisse
Neben der Stiftung Warentest und dem ADAC hat auch die Zeitschrift „Ökotest“ im Märzheft E-Bikes untersucht. Fazit: billige Räder hätten oft erhebliche Sicherheitsmängel, ab 2000 Euro stimme meist die Qualität. Doch auch teurere Räder können Mängel haben, wie die Stiftung Warentest aufzeigt.

Mängel
Immer wieder fielen bei Tests „erstaunlich viele Schäden in der Sicherheit und Haltbarkeit“ auf, wie die Stiftung Warentest anlässlich einer Untersuchung von Trekkingrädern im Jahr 2007 schrieb. Interessant: 2007 fiel der Testsieger von 2004 – ein Rad von Stevens – mit einem Riss im Rahmen durch.