Die Geduld vieler Passagiere ist am Freitag am Stuttgarter Flughafen gehörig auf die Probe gestellt worden. Ein Warnstreik der Gewerkschaft Verdi hatte den Sicherheitscheck größtenteils lahmgelegt, es bildeten sich lange Schlangen in den Terminals.

Stuttgart - Der kurzfristig von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi anberaumte Warnstreik des Sicherheitspersonals von Frasec hat am Freitag auf dem Manfred-Rommel-Flughafen zeitweise chaotische Zustände ausgelöst und die Fluggäste auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Links und rechts der einzigen Kontrollstelle im Terminal 1 mit sieben Spuren standen am Vormittag Tausende zwei Stunden und mehr in einer 200 Meter langen Schlange. Vereinzelt verpassten Passagiere ihren Flieger. Ein Germanwings-Sprecher sagte, die wenigen Fälle seien mit maximaler Kulanz behandelt worden, also kein Verweis auf „höhere Gewalt, sondern Gutscheine und Umbuchungsmöglichkeiten“.

 

Warten musste auch die Prominenz: Verkehrsminister Winfried Hermann und Stuttgarts OB Fritz Kuhn (beide Grüne) flogen zu Verhandlungen über Stuttgart 21 nach Berlin, die Profis des VfB wollten ins Trainingslager an die Algarve und die Stuttgarter Kickers nach Teneriffa. Er sei „not amused“, grantelte VfB-Trainer Huub Stevens, während der für den Ausstand verantwortliche Gewerkschaftssekretär Bernd Wuttig betonte, er habe „auch als VfB-Fan kein schlechtes Gewissen“. Verhandlungsführerin Eva Schmidt betonte: „Wir streiken nicht gegen die Kunden, sondern auch für deren Sicherheit. Diese hat einen hohen Wert und muss auch einen angemessenen Preis haben.“

Die Passagiere verhalten sich fast alle kooperativ

In der untersten Lohngruppe wird eine Erhöhung des Stundengrundlohns von 9,20 auf zehn Euro gefordert; dies betrifft einfache Kontrollaufgaben, etwa die Einweisung auf einem Messeparkplatz. Die Luftsicherheitsassistenten erhalten nach ihrem Vier-Wochen-Kurs dagegen heute zwischen 14 und 15 Euro pro Stunde plus Zulagen. Sie fordern nun eine Erhöhung von 2,50 Euro pro Stunde.

Insgesamt waren eta 10 000 Reisende betroffen; der Ausstand endete nach Angaben des Flughafens um 20 Uhr. Die Terminal-Aufsicht der Flughafengesellschaft (FSG) sorgte dafür, dass die meisten Wartenden die Verzögerungen einigermaßen gelassen hinnehmen konnten. Die Leiterin Sabine Fischer hatte, nachdem der Warnstreik um null Uhr für die Zeit zwischen drei und 22 Uhr verkündet worden war, alle verfügbaren Mitarbeiter für den Sondereinsatz verpflichtet. Sie verteilten nicht nur Tausende Wasserflaschen und wirkten beruhigend auf die Fluggäste ein, sondern strukturierten die Ströme so, dass vor allem jene Zugang zu den Kontrollspuren erhielten, deren Flieger als Nächste zum Einsteigen bereit waren. „Fast alle verhalten sich kooperativ“, bilanzierte Fischer, die den Passagieren riet, lieber einen Kaffee trinken zu gehen, als sich in die Schlange zu stellen.

Gewerkschaft will den Druck erhöhen

Etwas Aufregung bereiteten dagegen die Streikenden mit ihrem Protestmarsch durch das Abfertigungsgebäude. Unmutsbekundungen der Wartenden begegneten sie mit Parolen wie: „Wir woll’n mehr Kohle sehen.“ Die Gewerkschaft verwies auf das Recht auf Streik, bei dem „nicht mit Wattebäuschen geworfen wird“.

Am Donnerstag hatten die Bewacher von Kernkraftwerken gestreikt, nachdem die dritte Verhandlungsrunde am 15. Dezember ohne Ergebnis beendet worden war. Mit den Warnstreiks solle, so Verdi, der Druck auf die Arbeitgeber vor der vierten Runde am Dienstag erhöht werden, „um ein Ergebnis zu erreichen, das die Bezahlung in der Branche einen großen Schritt aus dem Niedriglohnbereich herausführt“. Betroffen sind im Land rund 19 000 Beschäftigte. Nur etwa 570 sind am Flughafen beschäftigt.

Flughafenchef übt harsche Kritik

Die Arbeitgebervertreter sagen, die Stundengrundlöhne für die angelernte Tätigkeit lägen bereits auf einem Niveau, bei dem nicht mehr von einem Niedriglohnbereich gesprochen werden könne. Für den gleichen Lohn müsse in anderen Bereichen eine mehrjährige Ausbildung durchlaufen werden.

„Wer wissen will, ob er noch eine Galle hat, muss nur den Einpeitschern von Verdi zuhören“, sagte Georg Fundel, der Chef der Stuttgarter Flughafen-GmbH. Die Forderung von etwa 17 Prozent mehr sei überzogen. Dass der Streik nicht wie üblich mit 24 Stunden Vorlauf angekündigt worden sei, sei „eine neue Qualität der Unverschämtheit“. Verdi hält dagegen: eine frühere Information hätte den Ausstand gefährdet. Ohnehin habe der Dienstleister Frasec Streikbrecher aus Frankfurt im Bus nach Stuttgart gefahren: „Das ist ein mieser Stil.“ Fundel widerspricht, ohne Einweisung dürfe nicht kontrolliert werden. „Der Leidtragende ist der Passagier.“