Die Bundespolizei meldet einen drastischen Anstieg der Taschendiebstähle. In diesem Jahr wurden dreimal so viele Fälle wie 2013 im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei – an Bahnhöfen und in Zügen – angezeigt.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Die Bundespolizei hat in diesem Jahr einen gewaltigen Anstieg der Taschendiebstähle an S-Bahnhöfen und in Bahnen verzeichnet. Die Zahl schnellte von 124 Fällen im Jahr 2013 auf 355 bis November 2014 hoch. Die Landespolizei, die für das Stadtgebiet zuständig ist, hatte bereits im Jahr 2013 steigende Zahlen gemeldet, und zwar 1655 Taten. Das waren 474 Fälle beziehungsweise rund 40 Prozent mehr als im Vorjahr. „Auf diesem Niveau bewegen wir uns in diesem Jahr auch“, sagt die Polizeisprecherin Daniela Waldenmaier.

 

Diebe warten, bis die Opfer an der Haltestelle einschlafen

Der von der Bundespolizei gemeldete Anstieg ist drastischer, sie verzeichnete eine Zunahme um 186 Prozent, also fast dreimal so viele Taschendiebstähle wie im Vorjahr. „Häufig warten die Täter an Haltestellen darauf, dass angetrunkene Partygänger einschlafen, wenn sie auf ihre Bahn warten, und ziehen dann das Handy und den Geldbeutel aus den Taschen“, schildert Jonas Große, der Sprecher der Bundespolizei, eine typische Vorgehensweise. Dass die S-Bahnen nun am Wochenende auch nachts durchgehend fahren und viele Besucher der Partyszene diese Möglichkeit nutzen, sei eine mögliche Erklärung für den Anstieg. Im Winter beobachte die Bundespolizei, dass sich das Geschehen vom Bahnhof weg zum Weihnachtsmarkt verlagere.

Seit der Markt begonnen hat, sind bei der Polizei 34 Fälle angezeigt worden. „Es kann natürlich sein, dass es noch mehr waren“, sagt die Polizeisprecherin. Nicht alle Bestohlenen zeigen die Taten an. Manche gingen davon aus, das Portemonnaie oder das Mobiltelefon verloren zu haben, andere melden sich erst Wochen später. Nach dem Volksfest auf dem Cannstatter Wasen seien noch vier Wochen lang Meldungen von gestohlenen Wertsachen eingegangen, berichtet Daniela Waldenmaier.

Weihnachtsmarkt: Diebe sind am helllichten Tag aktiv

Zwischen den Buden ist bei den Marktbesuchern die Angst vor Dieben in den Abendstunden besonders groß. „Wir werden verwundert gefragt, warum da tagsüber Beamte Streife gehen, wenn es noch leer ist“, sagt Waldenmaier. Das tut die Polizei aufgrund der jüngsten Erkenntnisse: Die Zeit, in der auf dem Weihnachtsmarkt die Taschendiebe am häufigsten zuschlagen, sei zwischen 11 und 16 Uhr, berichten die Beamten vom Streifendienst und der zentralen Ermittlungsstelle Gewerbe und Umwelt, die für die Fälle zuständig sind.

Wenn man weiß, wie die Langfinger vorgehen, ist auch einleuchtend, warum die Täter nicht auf den Schutz der Dunkelheit und die Möglichkeit, in der Menge zu verschwinden, warten. „Die meisten sind in Teams unterwegs, oft sogar zu dritt“, schildert die Polizeisprecherin. Die Aufgaben sind verteilt: Ein Täter lenkt das Opfer ab, der zweite zieht die Wertsachen - Handy oder Geldbeutel – aus der Tasche des Opfers. Damit der Dieb, falls er gesehen wurde, das Beutestück nicht mehr bei sich hat, kommt der dritte Komplize ins Spiel: an ihn wird das Diebesgut übergeben. Natürlich würden nicht alle Täter so vorgehen, doch sei diese Masche weit verbreitet. „Und das funktioniert natürlich nicht mehr, wenn es voll ist in den Gassen zwischen den Ständen“, erläutert die Polizeisprecherin. Dann klappe weder das Auskundschaften potenzieller Opfer noch das Flüchten. Wenn das Gedränge dicht werde, verlagere sich das Geschehen in die Geschäfte. Eine kurze Welle, in der die Diebe sich noch einmal in das Marktgetümmel stürzen, sei gegen 19 Uhr. Dann kommen die Weihnachtsmarktbesucher an, die nach Feierabend noch einen Glühwein trinken gehen.

Die Landes- und die Bundespolizei gehen im Rahmen ihrer Sicherheitskooperation an diesem Adventwochenende gemeinsam auf Streife gegen Taschendiebe. „Wir haben Beamte in Uniform, die sollen die Diebe verdrängen. Aber wir haben auch Kollegen in Zivil im Einsatz, die unbemerkt beobachten können“, schildert die Polizeisprecherin den geplanten Einsatz.