Die Politik will eine Terminegarantie beim Arzt. Doch der Absichtserklärung im Koalitionsvertrag sind noch keine konkreten Schritte gefolgt. Die Ärzte halten nichts von dem Vorhaben und argumentieren, nur mit mehr Geld ließe sich das Problem lösen.

Berlin - Termingarantie – dieses Wort klingt beeindruckend. Schon im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD das Thema der Wartezeiten für einen Arzttermin aufgegriffen und beschlossen, „dass künftig im Regelfall eine Wartezeit von vier Wochen nicht überschritten werden soll“. Wie die Große Koalition dies erreichen will, ist aber völlig offen. Bisher liegt nur diese Bekundung vor. Dass sie ernst gemeint ist, hat der CDU-Abgeordnete Jens Spahn dieser Tage nochmals unterstrichen: „Es macht die Menschen irre, wenn gesetzlich Versicherte in bestimmten Bereichen wochen-, ja monatelang auf Termine warten müssen und Privatversicherte sehen den gewünschten Facharzt schon binnen Wochenfrist.“ Mit dieser Ungleichheit soll nach den Worten von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) bald Schluss sein. Schon 2015 werde die Termingarantie in Kraft treten. Weil es bisher weder Eckpunkte geschweige denn ein Gesetzentwurf zur Regelung der Garantie gibt, ist das ein ehrgeiziges Ziel.

 

Fest steht nur der grobe Rahmen. Bekommt ein Kassenversicherter zwar eine Überweisung zum Facharzt, dort aber keinen Termin, kann er sich an eine „Terminservicestelle“ bei der Kassenärztlichen Vereinigung wenden. Die muss sicherstellen, dass der Versicherte spätestens nach vier Wochen einen niedergelassenen Facharzt aufsuchen kann. Gelingt das nicht, muss ihm die Stelle einen Termin zur ambulanten Behandlung in einer Klinik anbieten. Ob das nützt, weiß niemand. Schließlich leiden die Krankenhausärzte schon jetzt nicht unter Arbeitsmangel, was auch daran liegt, dass in den deutschen Kliniken derzeit etwa 2000 Stellen unbesetzt sind.

Kassen haben schon Servicestellen

Eine Antwort muss die Große Koalition auch auf die Frage finden, welcher Radius zumutbar ist – ob die Stelle einen Facharzt vorschlagen kann, der 20, 50 oder 100 Kilometer vom Wohnort des Versicherten entfernt seine Praxis hat. Klar ist, dass der Versicherte keinen Anspruch hat, zu einem bestimmten Arzt vermittelt zu werden.

Kompliziert könnte die „Termingarantie“ auch deshalb werden, weil einige Krankenkassen längst Unterstützung bei der Terminsuche leisten. Wie die Kooperation von Kasse und Servicestelle aussieht, von der im Koalitionsvertrag die Rede ist, weiß niemand so recht. Bei der DAK etwa meldeten sich im Jahr 2013 knapp 15 000 Patienten bei der Termin-Hotline – ein Plus von gut 200 Prozent gegenüber 2009. Besonders gefragt waren Besuche bei Radiologen, Neurologen und Orthopäden. Offenbar ist die Lage in Baden-Württemberg aber weitaus entspannter als etwa in Berlin oder Brandenburg. In den beiden Ländern, die viel weniger Einwohner haben als der Südwesten, klagten deutlich mehr DAK-Versicherte über Wartezeiten – das Phänomen gibt es auch in Hessen und Niedersachsen.

Ärzte kritisieren Populismus

Viele niedergelassene Ärzte halten die „Termingarantie“ für eine populistische Aufwallung. Es sei, berichten Hausärzte, selbstverständlich, zum Hörer zu greifen und beim Facharztkollegen um einen raschen Termin für Patienten zu bitten, wenn dies medizinisch nötig sei. Populismus sieht auch die Linkspartei am Werk – wenn auch in anderer Hinsicht. Weil Ärzte für die Behandlung von Privat-Versicherten mehr Geld bekämen als für die Behandlung von Kassen-Patienten, müssten die gesetzlich Versicherten immer hintan stehen, sagt der Abgeordnete Harald Weinberg. An dieser „Zwei-Klassen-Medizin“ zugunsten der Privaten Krankenversicherung (PKV) ändere die „Termingarantie“ gar nichts.

Dass es eine „Zwei-Klassen-Medizin“ gibt, bestreitet allerdings der Präsident der deutschen Ärzteschaft, Frank Ulrich Montgomery, entschieden, er fügt aber hinzu: „Privatversicherte werden bei der Terminvergabe und beim Komfort oft bevorzugt, das ist so.“ Mit mehr Geld für die Ärzte lasse sich das Problem aber lösen. Wenn die Funktionäre der gesetzlichen Kassen die Wartezeiten beklagten, so Montgomery, „weiß ich eine schnell wirksame und effiziente Therapie dagegen: Vergüten, leisten und regeln Sie wie die PKV.“