Zwischen der City und den Weinbergen der äußeren Stadtbezirke liegen oft Welten. Das macht die Aufgabe, für eine positive Weiterentwicklung der Bezirke zu sorgen, schwierig. Was planen die Kandidaten für die Stuttgarter OB-Wahl bei diesem Thema? Und wie stehen die Bürger zu ihrem Bezirk?

Stuttgart - Zwischen Stuttgarter City und den Weinbergen der äußeren Stadtbezirke liegen in vielerlei Hinsicht Welten. Das macht die Aufgabe, für eine positive Weiterentwicklung der Stadtbezirke zu sorgen, schwierig, egal ob für die Stadtverwaltung in Person der Bezirksvorsteher, der Fachbürgermeister oder des OB, für die Parteien oder die Verbände.

 

Was planen die Kandidaten für die Stuttgarter OB-Wahl bei diesem Thema? Und welches Verhältnis haben die Stuttgarter Bürger zu ihrem Stadtbezirk? Wir haben nachgefragt.

Bettina Wilhelm

„23 Stadtbezirke, mit eigener städtebaulicher Handschrift. Vergleichbar groß wie Kreisstädte. Fragt man Stuttgarter nach ihrem Wohnort, so nennen viele den Stadtbezirk, in dem sie leben. Die Menschen identifizieren sich mit ihrem Bezirk. Dort spielt sich ein Großteil des Lebens nach der Arbeit ab: als Mitglied der Kirchengemeinde, eines Vereins, der Feuerwehr oder im Elternbeirat. Stadtentwicklung und Bürgerbeteiligung sollten deshalb gerade im nahen Lebensumfeld ansetzen. Oft sind es die täglichen Bedarfe, die die Menschen bewegen. Dazu gehören eine gute Nahversorgung, attraktive Busanbindungen, saubere Spielplätze und öffentliche Versammlungsräume. Dafür lassen sich die besten und schnellsten Lösungen im Bezirk selbst finden, weshalb ich für eine Stärkung der Bezirksbeiräte bin. Die Direktwahl des Bezirksbeirats würde dazu beitragen. Beteiligung braucht Räume. Ziel wäre ein Bürgerhaus in jedem Bezirk. Verwaltet und gestaltet durch das Bezirksamt.“  

Hier geht es zum Kandidatencheck mit Bettina Wilhelm (parteilos, Kandidatin der SPD).

Hannes Rockenbauch

„Egal ob Großstadtviertel, Villengegend oder Dorfgemeinde, in Stuttgart findet jeder was Passendes. Diese Vielfalt macht Stuttgart attraktiv. Als Oberbürgermeister werde ich die Identität und Lebendigkeit der Stadtbezirke bewahren. Bäcker, Lebensmittelmärkte, Ärzte, Apotheken etc. müssen zu Fuß erreichbar sein und der Bezirk insgesamt besser an den ÖPNV angebunden. Ansetzen will ich mit gezielter städtischer Förderung für kleine Läden und Betriebe, aber auch mit Maßnahmen um Kindergärten und Schulen vor Ort zu halten. Spielplätze und Parks, Stadtteilzentren und Freiraum für Kreative ermöglichen Leben, Begegnung und Austausch. Geld dafür ist genug da, es ist nur falsch verteilt. Als Stadtrat setze ich mich seit Jahren für die Direktwahl von Bezirksbeiräten mit eigenem Etat und einem echte Bürgerhaushalt ein. Diesen demokratischen Aufbruch will ich moderieren. Dann können alle Stuttgarter_Innen vor Ort unsere Lebensgrundlagen bewahren, Neues mitgestalten und gemeinsam Politik verändern.“

Hier geht es zum Kandidatencheck mit Hannes Rockenbauch (Kandidat von SÖS/Linke).

Fritz Kuhn

„Stuttgart besteht aus 23 Stadtbezirken. Manche mit pulsierendem urbanem Leben, manche mit dörflichem Charakter. Wichtig ist, dass man die Eigenständigkeit und Verschiedenheit der Stadtbezirke kennt und schätzt. Denn Stuttgart, das ist die Summe aller 23 Bezirke. Die Summe ist hier mehr als die Addition der Teile. Als OB werde ich mich dafür einsetzen, dass diese Vielfalt bewahrt bleibt. Alle Stadtbezirke sind mir wichtig. Besorgt macht mich, dass vor allem Stadtteile in den Außenbezirke drohen, die Infrastruktur für das tägliche Leben zu verlieren. Uhlbach hat kein Lebensmittelgeschäft mehr. Luginsland, wo ich mit meiner Familie 12 Jahre gelebt habe, hat Metzger und Lebensmittelmarkt verloren. Ich sehe es als städtische Aufgabe, Infrastruktur dieser Art zu bewahren oder neu zu schaffen. Die Stadt muss schauen, was fehlt und versuchen, Leute zu finden, die Geschäfte eröffnen. Zur Stadt der kurzen Wege gehört es, dass überall die Infrastruktur zum täglichen Leben vorhanden ist. Dazu gehören auch Kitas. Ich weiß, dass alles ist nicht einfach, aber geht nicht, gibt’s nicht. “

Hier geht es zum Kandidatencheck mit Fritz Kuhn (Kandidat der Grünen).

Sebastian Turner

„Das Stuttgart der Zukunft ist die Nachbarschaft. Wir wohnen in Stuttgart, aber wir leben in den Stadtvierteln und Flecken. Die große Mobilität, die Zuwanderung und die steigende Lebenserwartung in unserer Gesellschaft haben die Nachbarschaften vor neue Fragen gestellt. Wir kennen uns weniger, wir haben vielfältigere Hintergründe, wir halten weniger zusammen, wir fahren weg zum Einkaufen und wir merken wie die Nachbarschaft und unser Wohlbefinden darunter leiden. In immer mehr Stadtbezirken dünnen die Geschäfte aus. Brauchen wir einen neuen Ladentyp, der mehr von einem Dorfbrunnen hat als von einem Getränkediscounter? Die Nachbarschaften brauchen aber nicht nur einen Treffpunkt, sie brauchen auch - jede für sich - eine gemeinsame Zielvorstellung. Hier ergibt sich ein neuer Blick auf eine fruchtbare Bürgerbeteiligung. Ich möchte, dass jeder Stadtbezirk eine Vorstellung von seiner Zukunft entwickelt, um in der Fülle von Gestaltungsmöglichkeiten einen gemeinsamen Kompass zu entwickeln.“

Hier geht es zum Kandidatencheck mit Sebastian Turner (parteilos, Kandidat der CDU, unterstützt von FDP, Freien Wählern).