Die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat beantragen, auf dem Frühlings- und dem Volksfest kein Ponykarussell mehr zuzulassen. Sie hoffen aber auch auf ein Einsehen der Anbieter.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Mark Roschmann vertritt eine klare Haltung: „Solange das Ponyreiten nicht verboten ist, wird es das auch auf dem Wasen geben“, sagt der Vorsitzende des Schaustellerverbandes im Südwesten. Damit reagiert er auf einen Antrag der Grünen im Stuttgarter Gemeinderat. Sie wollen, dass Ponykarussells auf Jahrmärkten und Weihnachtsmärkten nicht mehr zugelassen werden. Immer wieder komme von Tierschutzorganisationen als auch Wasenbesuchern Kritik an dem Reiten im kleinen Rund auf Festplätzen, argumentieren sie.

 

Die Grünen halten diese Kritik für gerechtfertigt. Die Tiere seien dem Lärm der Fahrgeschäfte und Festbesucher ausgesetzt, zudem könne das ständige im Kreis Laufen zu Krankheiten führen und die Tiere in hohem Maße belasten. „Ich bin von mehreren Familien darauf angesprochen worden, die Ponyreiten von Jugendfarmen kennen. Dort lernen die Kinder einen artgerechten Umgang mit den Tieren – entsprechend unschön fanden die Familien das, was sie auf dem Wasen sahen“, fasst die Stadträtin Clarissa Seitz zusammen. Bevor sie und ihr Kollege Andreas Winter den Antrag aufsetzten, habe sie mit einer Agrarwissenschaftlerin Ponykarussells auf dem Wasen angeschaut. „Sie machte mich auf die Trensen mit Metallgebiss aufmerksam, die schmerzhaft sein und zu Deformationen des Kiefers führen können“, sagt Seitz. Auch habe die Expertin gesagt, nur Ponys, die sich aufgegeben haben, würden das stupide im Kreis Laufen mitmachen. Der Natur eines Pferdes werde das nicht gerecht. Wichtig ist den Grünen, dass es um einen freiwilligen Verzicht gehen würde. „Wir wollen kein Verbot, wir wissen auch, dass das rechtlich nicht möglich ist. Das Tierschutzgesetz greift ja erst sehr spät ein“, sagt Seitz.

Rechtlich ist gegen das Angebot nichts einzuwenden

Für den Wasen ist die Veranstaltungsgesellschaft In Stuttgart zuständig. „Wir verstehen uns als Dienstleister der Stadt“, sagt deren Sprecher Christian Eisenhardt. Die Stadt setze mit der Gewerbeordnung die Richtlinien fest. Solange diese Betriebe wie das Ponyreiten zulassen würden, werde die In Stuttgart auch auf dem Wasen entsprechende Anbieter zulassen – andernfalls befürchte man einen Rechtsstreit mit den Betrieben. Insofern sei ein freiwilliger Verzicht ausgeschlossen. In den zurückliegenden Jahren seien das immer zwei Schaustellerbetriebe gewesen. „Die Schaustellerverbände argumentieren, dass das eine traditionsreiche Attraktion für Kinder ist. Da hängen schließlich auch Existenzen dran“, fügt Eisenhardt hinzu.

Ein Verbot wäre bei Verstößen gegen das Tierschutzgesetz zwingend. „Da haben wir aber noch nie welche festgestellt“, sagt Thomas Stegmanns, der Chef der Dienststelle für Veterinärwesen im Stuttgarter Rathaus. „Wir wissen, dass die Beschwerden Jahr für Jahr kommen. Deswegen schauen wir immer bei den Ponyreitbetrieben vorbei“, sagt er. Seine Kontrolleure und er würden schauen, ob das Futter und der Zeltstall in Ordnung seien. „Wir haben auch schon einen Tierarzt mitgenommen, der hat aber die Vorwürfe – Fehlstellungen und Gebissschäden – auch nicht bestätigen können“, fügt Stegmanns hinzu.

Einer der Anbieter auf dem Wasen hört auf

Von den zwei Betrieben, die in Stuttgart regelmäßig Ponyreiten angeboten haben, hört einer nun auf. „Es geht nicht mehr, die Feste haben sich zu sehr verändert. Zurzeit herrscht dieser Halligalli-Trend, nicht nur auf dem Wasen. Vielleicht wird das auch mal wieder anders. Aber für uns lohnt es sich nicht mehr“, sagt Georg Schubert. Der 58-Jährige aus Landshausen im Kraichtal regt sich auf, wenn er die Vorwürfe hört. „Wir mögen unsere Tiere, es geht ihnen gut, wir hatten noch nie Beanstandungen. Die Kritiker haben doch keine Ahnung von Pferden, die wissen nicht mal, wo vorne und hinten ist“, schimpft Schubert. Der Wasen und das Frühlingsfest seien mit 23 und 16 Festtagen immer eine Haupteinnahmequelle gewesen. „Aber es ist nicht mehr wie früher. Familien mit Kindern kommen nur noch am Wochenende, unter der Woche läuft für uns fast gar nichts.“ Seine Pferde kommen dahin, wo sie zwischen den Festen immer waren: „Wir haben einen Gutshof mit Stall und Wiese, bei uns dürfen Kinder aus der Nachbarschaft reiten“, schildert er das Leben der Vierbeiner fernab des Rummels. Wenn er seine norwegischen Fjordpferde verkaufe, dann nur in gute Hände.

Es gibt Städte, in denen Schuberts Kollegen nicht mehr erwünscht sind, Duisburg zum Beispiel. Dort entschied die städtische Veranstaltergesellschaft Frischekontor in diesem Sommer, bei der Kirmes im Stadtteil Beeck kein Ponykarussell mehr zuzulassen. „Für den Veranstalter galt es, zwischen der langjährigen Tradition und der großen Beliebtheit des Karussells sowie dem veränderten Tierschutzempfinden abzuwägen“, teilte die Frischekontor mit. Sie entschied sich, auch ohne gesetzliche Vorschrift zu handeln. Auch in Düsseldorf drehen auf der Kirmes keine Ponys mehr ihre Runden.