Das Begehren sei auf ein rechtswidriges Ziel ausgerichtet, heißt es im Gutachten. Ein neuer Konflikt zwischen Stadt und Bürgern droht.

Stuttgart -

 

In der Landeshauptstadt deutet sich erneut ein Konflikt zwischen Bürgern und Stadtverwaltung an. Nachdem OB Wolfgang Schuster und die Ratsmehrheit vor fünf Jahren aus juristischen Gründen das Bürgerbegehren zu Stuttgart 21 verworfen haben, droht nun dem Bürgerbegehren über die Zukunft der Energie- und Wasserversorgung Stuttgart das gleiche Schicksal.

Die Kanzlei Dolde, Mayen und Partner, seinerzeit schon mit der rechtlichen Prüfung des Bürgerbegehrens über das umstrittene Bahnprojekt beauftragt, hält auch den aktuellen Vorstoß der „Aktion Stadtwerke Stuttgart“ aus rechtlichen Gründen für unzulässig. Damit bestätigen die Verwaltungsrechtler die Auffassung der Stadt. Als Hauptgrund für die Einschätzung nannten die Anwälte Winfried Porsch und Andrea Vetter, die Forderungen der Bürgerinitiative nach vollständiger und alleiniger Übernahme der Versorgungsnetze für Strom und Gas durch die Stadt verstießen gegen das Energiewirtschaftsgesetz sowie gegen Kartellrecht. Mit dieser strikten Forderung nach einer Konzessionsvergabe ohne Ausschreibung sei das Bürgerbegehren „auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet und somit unzulässig“, heißt es in der Expertise der Kanzlei. Zudem genüge die Begründung des Bürgerbegehrens nicht den in der Gemeindeordnung formulierten Anforderungen, wonach die Vergabe der Konzessionen und der Betrieb der Netze für Strom und Gas nicht ohne ein transparentes Wettbewerbsverfahren möglich sei.

Beim Thema Wasser und Fernwärme sehen die Juristen zwar eine Direktvergabe an die Stadtwerke als möglich an, da hier die Vorschriften des Energiewirtschaftsgesetzes nicht greifen. Beim Thema Wasser habe der Gemeinderat aber ohnehin bereits den Willen bekundet, das Netz zu übernehmen. Allerdings werde der Inhalt des Bürgerbegehrens, das von mehr als 20 000 Bürgern unterstützt wird, verfälscht, wenn letztlich nur der Punkt Fernwärme übrig bleibe. Aus diesem Grund sei das Bürgerbegehren insgesamt unzulässig.

Begehren wird von mehr als 20 000 Bürgern unterstützt

OB Wolfgang Schuster bedauerte, das Bürgerbegehren ablehnen zu müssen: „So etwas ist immer schwierig. Aber es wäre niemanden damit gedient, wenn Stadt und Gemeinderat rechtswidrige Entscheidungen treffen würden.“ Er sehe inhaltlich viele Übereinstimmungen mit den Zielen der Stadt, Energie zukunftsfähig und dezentral zu erzeugen. Gerade beim wichtigen Thema Energiewende halte er aber nichts davon, sich in die Frage „zu verbeißen“, ob die Stadt nun die Netze künftig ausschließlich in eigener Regie oder mit einem Partner betreibe. Schon bei der Entgegennahme der der Unterschriften für das Bürgerbegehren im Februar hatte Schuster signalisiert, er sei übergangsweise einer Partnerschaft mit dem bisherigen Netzbetreiber EnBW durchaus nicht abgeneigt.

Der für die Stadtwerke zuständige Wirtschaftsbürgermeister Michael Föll betonte, man arbeite innerhalb der Stadtwerke gleichwohl daran, die Ziele des Bürgerbegehrens möglichst umfänglich zu realisieren. Ziel bleibe es, dass die Stadtwerke bei der Übernahme der Netze in jedem Fall das Sagen haben sollen – ob zu 100 Prozent als Alleinbetreiber oder in einer Beteiligungsgesellschaft. Im Vergabeverfahren sollen laut Föll sowohl Beteiligungsmodelle als auch die Alleinübernahme der Netze durch einen Betreiber geprüft werden.

Grüne kündigen Widerstand an

Die Ratsgrünen wollen das Rechtsgutachten nicht ohne Weiteres hinnehmen. Ihr Sprecher Peter Pätzold kündigte einen Antrag an: Demnach sollen auf einer öffentlichen Veranstaltung die Alternativen der Vergabe durch einen neutralen Moderator vorgestellt und diskutiert werden. Das Ergebnis der Diskussion soll dann im Gemeinderat beraten werden, der wiederum die Fragestellungen festlegt, über die anschließend die Bürger in einem Bürgerentscheid abstimmen sollen.