Die EnBW und die Landeskartellbehörde einigen sich beim Wasserpreis auf einen Vergleich: Stuttgarter Kunden erhalten rückwirkend Geld zurück. Doch der Bezugspreis wird bald steigen.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Drei Jahre lang haben sich die Energie Baden-Württemberg (EnBW) und die Landeskartellbehörde über den angeblich überhöhten Preis für das Trinkwasser in Stuttgart gestritten – am Donnerstag nun haben die Kontrahenten vor dem Oberlandesgericht Stuttgart einen gerichtlichen Vergleich geschlossen. Die schlechte Nachricht für die Bürger: die EnBW darf ihren derzeitigen Wasserpreis von 2,56 Euro pro Kubikmeter belassen, und aller Voraussicht nach wird er in den nächsten Jahren sogar weiter steigen. Die gute Botschaft: fFür die Zeit vom 1. August 2012 bis zum 31. Dezember 2014 muss der Wasserpreis rückwirkend um 20,5 Prozent gesenkt werden. Ein Haushalt mit einem Verbrauch von 150 Kubikmeter erhält für diese Zeit rund 200 Euro zurückerstattet.

 

Damit wird ein Schlussstrich unter ein Verfahren gezogen, das bundesweite Aufmerksamkeit erlangt hat. Nur gegen einen weiteren Trinkwasserversorger war die Landeskartellbehörde bisher vorgegangen, gegen die Energie Calw GmbH; dort steht in wenigen Tagen eine Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof an.

Insgesamt will die EnBW 40 Millionen Euro an die Verbraucher zurückgeben; das entspricht knapp der Hälfte des Jahresumsatzes beim Wasser in Stuttgart. Die Behörde spricht sogar von 46,5 Millionen Euro. Im für die EnBW schlimmsten Fall hätten es 160 Millionen Euro sein können, da die Kartellbehörde lange darauf gepocht hatte, den Preis bis zurück ins Jahr 2007 und um 30 Prozent zu senken.

Der gültige Wasserzins von 2015 wird beibehalten

Konkret schreibt die EnBW den Betrag jedem Haushalt bei der nächsten Jahresabrechnung gut; beginnen will sie im Oktober dieses Jahres. Da die Abrechnung je nach Stadtbezirk zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt stattfindet, werden die letzten Kunden erst im September 2016 ihre Gutschrift erhalten. Kunden, die umgezogen sind, werden angeschrieben oder müssten über ihren früheren Hausverwalter benachrichtigt werden.

Wie Christoph Müller, der Geschäftsführer der zuständigen EnBW-Tochter Netze BW, sagte, habe man sich mit der Kartellbehörde geeinigt, dass die 40 Millionen Euro auf jeden Fall ausgeschüttet werden müssen: „Wir haben also kein Interesse daran, frühere Kunden nicht zu finden.“ Angedacht ist, das verbleibende Geld zu nutzen, um eine Preiserhöhung im kommenden Jahr geringer ausfallen zu lassen.

Denn Teil des Vergleichs ist auch, dass die EnBW den derzeit gültigen Wasserzins beibehalten – und von 2016 an sogar erhöhen darf, und zwar nach vorgeschriebenen Regeln. Die Steigerung des Wasserbezugspreises von Bodensee- und Landeswasserversorgung darf die EnBW zu 30 Prozent berücksichtigen. Zudem darf die Inflation, erhöht um 0,25 Prozentpunkte, zu 70 Prozent eingerechnet werden. Sollten die vorgeschalteten Wasserverbände ihren Lieferpreis ähnlich wie in den vergangenen Jahren erhöhen, so müsste der Endverbraucher mit einem jährlich steigenden Wasserpreis von zwei bis drei Prozent rechnen. Diese Regelung gilt bis zum Jahr 2020.

Christoph Müller kündigte an, dass die EnBW die Obergrenze der möglichen Erhöhung wahrscheinlich werde ausschöpfen müssen: „Der Kostendruck für den Wasserbezug ist enorm.“ Er sei aber froh, dass das Verfahren beendet ist. Mit Blick auf die Auseinandersetzungen mit der Stadt Stuttgart über den Rückkauf des Wassernetzes – die Stadt möchte selbst wieder Wasserlieferant sein – sagte Christoph Müller: „Das ist auch ein Signal, dass man sich mit uns einigen kann.“ Eine schnelle Lösung beim Wassernetz wagte er dennoch nicht zu prognostizieren: „Es gibt eine Reihe von strittigen Themen. Mit dem Wasserpreis ist nun ein wesentliches abgeräumt“, so Müller.

Die Landeskartellbehörde zeigte sich am Donnerstag mit dem Vergleich zufrieden. Die Alternative wäre ein jahrelanges Verfahren mit ungewissem Ausgang gewesen, sagte Frank Lorho, der Sprecher des zuständigen Umweltministeriums. Indem die Preiserhöhungen bis 2020 beschränkt würden, sei sichergestellt, dass der Wasserpreis künftig nur „sehr moderat“ steige und dass die EnBW die Rückzahlung an die Kunden nicht durch schnelle Preiserhöhungen wieder hereinholen könne.

Stuttgarts Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) sagte, der Vergleich zeige, dass die Erhöhung um 9,3 Prozent überzogen gewesen sei. Er verwies zugleich darauf, dass das Wassernetz nun für die Stadt teurer werden könnte; schließlich ist der Ertrag ein zentraler Faktor zur Berechnung des Preises. Man sei bei den Verhandlungen auf „halbem Wege“. Über den Kaufpreis wolle man mit der Netze BW vom Frühherbst an sprechen. Auf jeden Fall muss die Stadt einen Teil der erhaltenen Konzessionsabgaben an die EnBW zurückbezahlen, da sich dieser Betrag auf der Grundlage des Wasserpreises errechnet. Dafür hat Stuttgart eine Rückstellung in Höhe von 67 Millionen Euro getätigt.