Die Stadt und die EnBW reden über den Rückkauf des Wassernetzes. Es geht um mehrere Millionen Euro. Das Gerichtsverfahren in der Sache ruht einstweilen.

Stuttgart - Der Termin im Februar steht noch nicht auf den Tag genau fest. Klar ist aber, dass sich in diesem Monat EnBW-Manager und hochrangige Vertreter der Landeshauptstadt – flankiert von zahlreichen Anwälten – treffen werden. Am Verhandlungstisch geht es um den Rückkauf des Stuttgarter Wassernetzes und um sehr viel Geld: Der Energiekonzern verlangt den Sachzeitwert von rund 750 Millionen Euro für die Herausgabe von 2500 Kilometer Wasserrohren, 44 Hochbehältern und 39 Pumpwerken. Das Rathaus hingegen bietet aus Sicht der EnBW kaum mehr als Peanuts: Die Kommune will lediglich den Ertragswert in Höhe von knapp 140 Millionen Euro auf den Tisch legen.

 

Verhandlungspsychologisch sieht sich die Stadt im Vorteil. Denn bei der ersten Runde im Wasserstreit hat das Stuttgarter Landgericht dem Rathaus im Dezember 2014 den Rücken gestärkt. Die 15. Zivilkammer riet damals beiden Kontrahenten, auf der Basis des sogenannten subjektiven Ertragswerts zu verhandeln.

Die erste Zahl des Preises soll eine Eins sein

Diesem Vorschlag hat nun – wie bereits kurz berichtet – nach einer längeren Bedenkzeit auch die EnBW zugestimmt. „Das Landgericht hat uns wertvolle Hinweise zur Wertberechnung des Stuttgarter Wassernetzes gegeben“, sagt EnBW-Sprecher Hans-Jörg Groscurth. Der von dem Vorsitzenden Richter als Richtschnur genannte subjektive Ertragswert gelte im eigenen Haus zwar nicht als die reine Lehre, biete aber eine akzeptable Basis für Verhandlungen. Aber: „Wir glauben nicht, dass der Vorschlag der Kammer die Zauberformel zugunsten die Stadt ist.“

Aus dem Rathaus sind hingegen andere Töne zu hören. Dort ist man fest davon überzeugt, dass der subjektive Ertragswert, der neben dem reinen Ertrag aus dem Wasserverkauf auch Effizienzgewinne durch die geplante Kooperation von Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in einem neuen städtischen Eigenbetrieb berücksichtigen soll, allenfalls um zehn bis 15 Prozent über der städtischen Offerte von 140 Millionen Euro liegt. In diesem Bereich bewege sich auch der vom Gericht umrissene Zuschlagsfaktor beim subjektiven Ertragswert, heißt es bei der Stadt. Die erste Zahl beim Preis für das gesamte Netz müsse daher eine Eins sein.

Verhandelt wurde über 160 Millionen Euro

Mit einem 15-prozentigen Zuschlag ergäbe sich ein höchst interessanter Betrag von rund 160 Millionen Euro. Eben diese Zahl lag bereits vor sechs Jahren auf dem Verhandlungstisch, als sich die EnBW und die Stadt fast darauf geeinigt hätten, als gleichberechtigte Partner die „Stuttgarter Wasserversorgung“ (SWV) zu gründen. Für ihren Anteil von 50 Prozent an der SWV sollte die Stadt damals dem Energiekonzern nämlich maximal 80 Millionen Euro überweisen.

Am 12. Februar könnte das Stuttgarter Oberlandesgericht den EnBW weiteren Ungemach bereiten. Denn dann wird darüber verhandelt, ob der Konzern den Wasserpreis in Stuttgart – wie von der Landeskartellbehörde angeordnet – um 30 Prozent, die 140 Millionen Euro entsprechen, rückwirkend bis 2007 senken muss. Eine Niederlage vor Gericht würde auch den Ertragswert des Wassernetzes – und damit den Verkaufspreis – deutlich schmälern. „Wir halten unsere Argumente vor Gericht für überzeugend“, heißt es bei der Kartellbehörde. Auch der Kontrahent EnBW rechnet damit, dass vom Gericht Hinweise kommen, „wo die Reise hingehen könnte“.

Kartellbehörde bewirkt Preissenkung

Die Kartellbehörde des Landes hatte im September mit einer Verfügung entschieden, dass die EnBW den Stuttgarter Wasserpreis im Schnitt um 30 Prozent senken muss. Der verlangte Bruttopreis von 2,87 Euro für einen Kubikmeter Wasser sei zu hoch. Dank der bis ins Jahr 2007 zurückreichenden Verfügung könne ein Vierpersonenhaushalt mit einem durchschnittlichen Wasserverbrauch von 150 Kubikmetern im Jahr mit einer Rückzahlung von bis zu 900 Euro rechnen, hieße es damals in der Pressemitteilung des Landes.

In diesem Fall müsste allerdings auch die Stadt den EnBW einen Teil der Konzessionsabgabe, die gut 13 Millionen Euro im Jahr beträgt, zurückzahlen. Aber nicht nur deshalb ist man im Rathaus der Ansicht, dass lediglich die letzte Wasserpreiserhöhung der EnBW um 9,5 Prozent zum 1. August 2012 unangemessen ist. Denn wenn das Entgelt – wie von der Kartellbehörde verlangt – tatsächlich um ein Drittel gesenkt würde, dann müsste auch der kommunale Eigenbetrieb, den die Stadt nach dem Rückkauf des Netzes gründen will, den Bürgern künftig das Wasser für diese schmalere Marge reichen.