Der Streit zwischen der Stadt und der Energie Baden-Württemberg (EnBW) über den Rückkauf des Wassernetzes spitzt sich zu. Die Stadt hält die geplante Erhöhung des Preises um knapp zehn Prozent für nicht akzeptabel.

Stuttgart - Der Streit zwischen der Stadt und der Energie Baden-Württemberg (EnBW) über den Rückkauf des Wassernetzes spitzt sich zu. In einem Schreiben an das Rathaus hat der Energiekonzern seine Überlegungen mitgeteilt, den Wasserpreis in Stuttgart vom 1. August an um 9,5 Prozent zu erhöhen. Statt 2,34 Euro würde der Kubikmeter Trinkwasser dann 2,56 Euro kosten.

 

Die Stadt hält die Erhöhung allerdings in keiner Weise für gerechtfertigt. Im Rathaus wird darin vor allem der Versuch der EnBW gesehen, den Kaufpreis für das rund 2500 Kilometer lange Stuttgarter Wassernetz und die beiden Drittel-Anteile an der Bodensee- und der Landeswasserversorgung in die Höhe zu treiben. Wie berichtet, hat der Gemeinderat bereits 2010 die Forderung des Bürgerbegehrens „Hundertwasser“ nach einem Rückkauf des Wassernetzes übernommen. Bis Anfang 2014 sollen rein kommunale Wasserwerke als städtischer Eigenbetrieb entstehen. In diesen soll auch die Stadtentwässerung Stuttgart (SES) integriert werden, die noch unter der Regie des Tiefbauamts steht.

Die Preisvorstellungen klaffen auseinander

Zwischen den Preisvorstellungen der beiden Verhandlungspartner für das Wassernetz liegen – wie berichtet – Welten. Die Stadt orientiert sich an einem Kaufpreis von höchstens 150 Millionen, die EnBW fordert dagegen angeblich das Vierfache dieses Millionenbetrages.

Oberbürgermeister Wolfgang Schuster hat in dieser Woche in einem Hintergrundgespräch zum Thema Wasser klar Stellung bezogen. „Das Thema Netzrückkauf wird nicht auf die lange Bank geschoben.“ Wenn es keine rasche Einigung gebe, gehe die Stadt vor Gericht. „Die geplante Erhöhung des Wasserpreises ist für uns nicht nachvollziehbar und akzeptabel“, ergänzte Schuster. „Wir werden das Landeskartellamt einschalten und dieses bitten, die Kalkulation der EnBW zu überprüfen.“ Diese Prüfung habe die Behörde der Stadt inzwischen auch zugesagt.

Der kalkulatorische Aufwand ist in die Höhe geschnellt

Im Rathaus ist man davon überzeugt, dass die EnBW mit der Preiserhöhung in erster Linie den Wert des Wassernetzes „künstlich in die Höhe“ treiben wolle. Im Jahr 2010 habe der Betriebsaufwand des Energiekonzerns bei der Wasserversorgung bei rund 78 Millionen Euro, die Aufwendungen für Abschreibungen, Zinsen und Gewerbesteuern bei 13 Millionen Euro gelegen. Dieser sogenannte kalkulatorische Aufwand ist nach StZ-Informationen im vergangenen Jahr plötzlich von 13 auf 42 Millionen Euro – also auf mehr als das Dreifache – gestiegen. Die Aufwendungen für den Betrieb und das Personal der Wasserversorgung gingen hingegen 2011 um 14 auf 64 Millionen Euro zurück.

Angesichts dieser Zahlen hält man im Rathaus die Forderungen nach einer Erhöhung des Wasserpreises um knapp zehn Prozent für ungerechtfertigt. „Die Preiskalkulation passt nicht zu deren Begründung“, heißt es bei der Stadt. Aus der urplötzlichen Verdreifachung des kalkulatorischen Aufwands auf 42 Millionen Euro errechne sich ein wesentlich höherer Wert des Netzes. Dieser sei dadurch „quasi über Nacht“ auf rund 600 Millionen Euro angestiegen. „Davor lag er bei rund 110 Millionen Euro“, heißt es bei der Stadt. Diese blitzartige Wertsteigerung sei überhaupt nicht nachzuvollziehen.

Alle Seiten bekunden Interesse an einer gütlichen Einigung

Die EnBW rechnet aber immer noch mit einer gütlichen Einigung. „Wir sind optimistisch und glauben an eine konstruktive Lösung in den laufenden Verhandlungen mit der Stadt“, sagt Gabriele Fanta, Sprecherin der EnBW Regional AG. Der Wasserpreiskalkulation lägen unter anderem gestiegene Bezugskosten zu Grunde. „Außerdem haben wir mehr als 50 Millionen Euro in das Stuttgarter Wassernetz investiert“, sagt Fanta.

Auch die Stadt ist noch an einer Lösung am Verhandlungstisch interessiert. „Wir bereiten uns aber schon jetzt parallel auf die juristische Auseinandersetzung vor“, betont Finanzbürgermeister Michael Föll. Darüber werde man den Gemeinderat spätestens am 25. Juli, in der letzten Sitzung vor der Sommerpause, informieren. Föll ist sich sicher, dass die Stadträte der Verwaltung mit großer Mehrheit die Lizenz zur Klage ausstellen.