Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

In Frankreich und England sind die Strukturen ganz anders; dort liegen 80 Prozent der Versorgung in privater Hand. Und auch im Norden Deutschlands entwickeln sich neue Systeme. In Berlin, Rostock, Cottbus oder Wuppertal sitzen zum Beispiel große Konzerne wie RWE, Veolia oder Suez meist als Minderheitsgesellschafter in den Versorgungsbetrieben. Oft sind sie nicht nur Miteigentümer, sondern leiten die Betriebe auch operativ. Der Preis für einen Kubikmeter Trinkwasser beträgt in den vier genannten Städten zwischen 1,20 Euro und 2,17 Euro - der Schnitt in Deutschland liegt bei etwa 1,70 Euro. Von wilder Gewinnmaximierung kann nicht die Rede sein.

 

Frank Kürschner-Pelkmann, freier Journalist und Wasserexperte, bleibt dennoch skeptisch, hat aber zuletzt etwas aufgeatmet. Die Konzerne hätten tatsächlich in den vergangenen Jahren versucht, in der Wasserversorgung Fuß zu fassen, doch mittlerweile sei eine gewisse Ernüchterung eingetreten: "Die Kosten für das Leitungsnetz wurden unterschätzt, und der Gewinn blieb deutlich hinter den Erwartungen." Dennoch ist Kürschner-Pelkmann der Ansicht, dass das Wasser aus ökologischen, wirtschaftlichen und politischen Gründen besser bei kommunalen Trägern aufgehoben ist. So hätten Privatunternehmen zum Beispiel wenig Interesse daran, Wasser einzusparen - da ihr Anteil der Fixkosten bei 80 Prozent liegt, hängt der Gewinn von der verkauften Wassermenge ab. Die Preise seien nur deshalb nicht so stark gestiegen, weil sie bei den Bürgern nicht durchsetzbar waren.

Ab 2014 will Stuttgart die Wasserrechte zurückhaben

Die EnBW teilt die Markteinschätzung im Übrigen: "Wasser ist kein boomender Wirtschaftszweig", sagt Steffen Ringwald, der Leiter des EnBW-Regionalzentrums in Stuttgart. Was bedeuten soll: es lässt sich mit Wasser nicht wirklich viel verdienen. Er verwahrt sich aber vehement gegen die Kritik mancher Wasserrechtler, die EnBW habe es deswegen in Stuttgart schleifen lassen. Die Qualität des Wassers sei einwandfrei, mehr als 60.000 Proben würde die EnBW jedes Jahr ziehen. Im Übrigen mache die Trinkwasserverordnung ganz klare Vorgaben. In das 2300 Kilometer lange Leitungsnetz investiere man jährlich einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Das Stuttgarter Netz, so sagen neutrale Experten, sei heute besser in Schuss als noch zu NWS-Zeiten. Was den Preis anbetrifft, so liegt Stuttgart aber mit 2,34 Euro pro Kubikmeter am oberen Ende der Skala in Baden-Württemberg. Ringwald rechtfertigt dies damit, dass die Technik wegen der Topografie aufwendig sei - so besitze München zwei Hochbehälter, Stuttgart aber 44.

Selbst der Grünen-Chef im Rathaus, Werner Wölfle, erteilt der EnBW ein gutes Zeugnis: "Das Unternehmen betreibt eine schlechte Energiepolitik, hat aber in Stuttgart bei der Wasserversorgung einen guten Job gemacht." Dennoch soll damit von 2014 an Schluss sein. Stuttgart will Wassernetz und Wasserrechte zurückkaufen; beim Betrieb braucht man aber wohl Partner. Wölfle favorisiert dabei eine Kooperation mit anderen kommunalen Versorgern. Die EnBW hofft, dass sie zumindest als Betriebsführer im Boot bleiben könnte. Insgesamt ist dies die neue Strategie der EnBW in Sachen Wasser: sie will den Kommunen ihr Knowhow anbieten. Verdächtigungen, wie in Schorlaus Krimi, tun Ringwald jedenfalls weh: "In Stuttgart hat niemand Anlass, uns zu diskreditieren", sagt er. 

Wasser sei besser bei kommunalen Trägern aufgehoben

In Frankreich und England sind die Strukturen ganz anders; dort liegen 80 Prozent der Versorgung in privater Hand. Und auch im Norden Deutschlands entwickeln sich neue Systeme. In Berlin, Rostock, Cottbus oder Wuppertal sitzen zum Beispiel große Konzerne wie RWE, Veolia oder Suez meist als Minderheitsgesellschafter in den Versorgungsbetrieben. Oft sind sie nicht nur Miteigentümer, sondern leiten die Betriebe auch operativ. Der Preis für einen Kubikmeter Trinkwasser beträgt in den vier genannten Städten zwischen 1,20 Euro und 2,17 Euro - der Schnitt in Deutschland liegt bei etwa 1,70 Euro. Von wilder Gewinnmaximierung kann nicht die Rede sein.

Frank Kürschner-Pelkmann, freier Journalist und Wasserexperte, bleibt dennoch skeptisch, hat aber zuletzt etwas aufgeatmet. Die Konzerne hätten tatsächlich in den vergangenen Jahren versucht, in der Wasserversorgung Fuß zu fassen, doch mittlerweile sei eine gewisse Ernüchterung eingetreten: "Die Kosten für das Leitungsnetz wurden unterschätzt, und der Gewinn blieb deutlich hinter den Erwartungen." Dennoch ist Kürschner-Pelkmann der Ansicht, dass das Wasser aus ökologischen, wirtschaftlichen und politischen Gründen besser bei kommunalen Trägern aufgehoben ist. So hätten Privatunternehmen zum Beispiel wenig Interesse daran, Wasser einzusparen - da ihr Anteil der Fixkosten bei 80 Prozent liegt, hängt der Gewinn von der verkauften Wassermenge ab. Die Preise seien nur deshalb nicht so stark gestiegen, weil sie bei den Bürgern nicht durchsetzbar waren.

Ab 2014 will Stuttgart die Wasserrechte zurückhaben

Die EnBW teilt die Markteinschätzung im Übrigen: "Wasser ist kein boomender Wirtschaftszweig", sagt Steffen Ringwald, der Leiter des EnBW-Regionalzentrums in Stuttgart. Was bedeuten soll: es lässt sich mit Wasser nicht wirklich viel verdienen. Er verwahrt sich aber vehement gegen die Kritik mancher Wasserrechtler, die EnBW habe es deswegen in Stuttgart schleifen lassen. Die Qualität des Wassers sei einwandfrei, mehr als 60.000 Proben würde die EnBW jedes Jahr ziehen. Im Übrigen mache die Trinkwasserverordnung ganz klare Vorgaben. In das 2300 Kilometer lange Leitungsnetz investiere man jährlich einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Das Stuttgarter Netz, so sagen neutrale Experten, sei heute besser in Schuss als noch zu NWS-Zeiten. Was den Preis anbetrifft, so liegt Stuttgart aber mit 2,34 Euro pro Kubikmeter am oberen Ende der Skala in Baden-Württemberg. Ringwald rechtfertigt dies damit, dass die Technik wegen der Topografie aufwendig sei - so besitze München zwei Hochbehälter, Stuttgart aber 44.

Selbst der Grünen-Chef im Rathaus, Werner Wölfle, erteilt der EnBW ein gutes Zeugnis: "Das Unternehmen betreibt eine schlechte Energiepolitik, hat aber in Stuttgart bei der Wasserversorgung einen guten Job gemacht." Dennoch soll damit von 2014 an Schluss sein. Stuttgart will Wassernetz und Wasserrechte zurückkaufen; beim Betrieb braucht man aber wohl Partner. Wölfle favorisiert dabei eine Kooperation mit anderen kommunalen Versorgern. Die EnBW hofft, dass sie zumindest als Betriebsführer im Boot bleiben könnte. Insgesamt ist dies die neue Strategie der EnBW in Sachen Wasser: sie will den Kommunen ihr Knowhow anbieten. Verdächtigungen, wie in Schorlaus Krimi, tun Ringwald jedenfalls weh: "In Stuttgart hat niemand Anlass, uns zu diskreditieren", sagt er. 

Hintergrund zur Wasserversorgung

Über das Trinkwasser macht sich kaum jemand Gedanken - dabei steht hinter der Wasserversorgung in der Region eine gewaltige Logistik. Hier finden Sie alles, was Sie über das kostbare Gut wissen müssen.

 Woher kommt das Trinkwasser in der Region Stuttgart?

Die meisten Menschen in der Region erhalten Wasser aus dem Bodensee oder der Donau. Der Zweckverband Bodenseewasserversorgung (BWV) beliefert vier Millionen der knapp elf Millionen Einwohner in Baden-Württemberg. Der Zweckverband Landeswasserversorgung (LW) hat seine Kunden vor allem im Nordosten des Landes und ist fast so groß wie der BWV. Das Leitungsnetz umfasst zusammen mehr als 2000 Kilometer. Daneben nutzen viele Gemeinden örtliche Vorkommen: Zum Beispiel entnimmt der Zweckverband Filderwasserversorgung Trinkwasser aus dem Neckar bei Neckartailfingen und leitet es in die Orte im Aichtal und auf den Fildern.

Welche Qualität hat das Wasser?

Trinkwasser ist das am besten überwachte Lebensmittel; die LW nimmt jährlich mehr als 200000 Analysen und untersucht auf mehr als hundert Inhaltsstoffe. In der Regel kann es also bedenkenlos zum Trinken und Kochen verwendet werden. Verunreinigungen sind dennoch möglich. So kann teils zu viel Nitrat von den gedüngten Feldern in die Flüsse geschwemmt worden sein. Vor drei Jahren warnte die Verbraucherorganisation Foodwatch vor zu hohen Uranwerten, auch bei mehreren Brunnen in der Region; die Versorger hielten die Werte für unbedenklich. Eine Gefahr können auch alte Bleileitungen im Haus sein.

 Wie viel Wasser nutzt ein Mensch?

Wasser wird, anders als beispielsweise Mineralöl, nicht ver-, sondern nur gebraucht: Denn jedes Wasser gelangt als Abwasser oder als Wasserdampf wieder in den Kreislauf. Heute "verbraucht" jeder Mensch täglich etwa 125 Liter. Vor etwa 20Jahren waren es 140 Liter. Das höhere Umweltbewusstsein und bessere Geräte zahlen sich also aus; viele Umweltschützer halten den Verbrauch aber nach wie vor für deutlich zu hoch. Am meisten Wasser verwenden wir für das Duschen und Baden (39 Liter) und die Toilettenspülung (34 Liter). Der private Wasserverbrauch macht aber in Baden-Württemberg nicht einmal zehn Prozent des geförderten Wassers aus; laut Statistischem Landesamt nutzt die Industrie 80 Prozent, um damit ihre Produktions- und Stromanlagen zu kühlen.

 Was kostet das Wasser?

Ein Kubikmeter Wasser (1000 Liter) kostet im Land im Schnitt 1,91 Euro; der Verbraucher muss zusätzlich 2,25 Euro pro Kubikmeter an Abwassergebühren bezahlen. Die Preisspanne ist groß: 2010 kostete ein Kubikmeter Frisch- und Abwasser in Bietigheim-Bissingen 2,99 Euro - in Wiesensteig im Kreis Göppingen mussten die Bürger 5,78 Euro bezahlen. Das macht für eine vierköpfige Familie eine jährliche Differenz von 500 Euro aus. Seit 1979 hat sich der Preis des Trinkwassers verdreifacht.

Kommentar zur Wasserversorgung: Ruhig Blut

Bei kaum einem Thema gehen die Wogen so hoch wie beim Wasser: Das Sujet ist durch und durch emotionalisiert - da werden die Konzerne schnell dämonisiert und die Kommunen als Erlöser gefeiert. Wie immer im Leben lohnt sich ein Blick auf die Fakten. So manche Kommune verdient nämlich ganz schön an ihren Wasserrechten. Umgekehrt hat die EnBW in Stuttgart gut gearbeitet: Das Trinkwasser ist sauber, das Leitungsnetz in Ordnung. Nur der Wasserpreis hat sich gewaschen; das kennt man ja vom Strom, den die EnBW auch gerne zu Höchstpreisen verkauft.

Dennoch taugt das Thema Wasser in Stuttgart schlicht nicht zur ideologischen Auseinandersetzung. Die Entscheidung des Stuttgarter Gemeinderates, die Wasserrechte von der EnBW zurückzukaufen, ist trotzdem richtig. Allerdings geschieht dies vor allem aus grundsätzlichen Erwägungen. Wasser ist das wertvollste Elixier auf dieser Erde; ein Mensch kann keine Woche überleben, ohne zu trinken. Ein solches Lebensmittel gehört nicht in die Hand von Privatunternehmen, die letztlich immer auf ihre Gewinnmarge schielen.

Wasser sollte also kein Handelsgut sein - ist es aber längst. Zum Glück kann da der Südwesten noch als Insel der Seligen gelten, denn den Wassermarkt teilen sich hier mehrheitlich Kommunen und Stadtwerke. Anderswo erodieren öffentliche Strukturen; das sollte in der Region mit aller Kraft verhindert werden. Dazu trägt auch ein höheres Bewusstsein der Bürger bei, was ihr Wasser wert ist. Bei einer Umfrage konnten aber jüngst 70 Prozent der Befragten nicht einmal annähernd sagen, wie viel sie tatsächlich für ihr Trinkwasser bezahlen.