Ihre Arbeit ist nicht unumstritten. Dennoch steht der Wiederwahl am Mittwoch nach Pfingsten nichts im Weg. Monika Piel hat als WDR-Intendantin keinen Gegenkandidaten.

Köln - Das war vielleicht eine Schlagzeile! „Die Wende im WDR“ – und stolz wurde verkündet, dass das Schielen auf die Einschaltquote nun ein Ende habe. Da der Satz angeblich von Monika Piel stammte, Intendantin des Kölner WDR und mächtigste Frau in der ARD, hatte die Ankündigung selbstredend Gewicht. Damit nicht genug: Piel räumte freimütig „Fehlentwicklungen“ innerhalb ihres Senders ein und kündigte an, die Gebührengelder nicht länger in überteuerte Sportrechte zu investieren, sondern den Sender wieder zu einem Hort für guten Journalismus zu machen . . .  Schade bloß, dass alles nur ein frommer Wunsch war. Insgeheim mag Piel diese Positionen zwar für richtig halten, aber ihre öffentlichen Stellungnahmen klingen in der Regel anders. Die vermeintliche Kehrtwende war: Satire. WDR-Mitarbeiter hatten im Herbst 2010 eine täuschend echte Fälschung der Hauszeitung „WDR print“ in Umlauf gebracht.

 

Am Mittwoch nach Pfingsten stellt sich die 61-jährige Intendantin nun der Wiederwahl. Der Rundfunkrat hat auf eine Ausschreibung des Amts verzichtet. Ganz ohne Gegenkandidaten ist die Verlängerung ihrer Amtszeit bis 2019 bloß eine Formsache. Dabei gibt es durchaus Widerstand gegen die gelernte Betriebswirtin, die vor ihrer Wahl zur Intendantin Hörfunkdirektorin des Senders war. Gerade ihr früherer Verantwortungsbereich bietet sich als größte Baustelle dar, auch wenn das in erster Linie eine Frage der Wahrnehmung sein dürfte: Im Land wie im Sender mehren sich die Proteste gegen eine erneute Reform des Kulturradios WDR 3. Unter dem Namen „Die Radioretter“ ist eine Initiative gegen die Reformpläne gegründet worden; sie kritisiert, dass die Veränderungen im Wesentlichen aus Kürzungen, Streichungen, Wiederholungen bestünden. Schon morgen soll der Programmausschuss über die Pläne diskutieren; am Mittwoch will der Rundfunkrat dann auch über die Reform befinden.

Auch bei den „Radiorettern“ erregt sie Unmut

Prominentester Fürsprecher der „Radioretter“ ist Richard David Precht, aus dessen Sicht die geplante Reform sinnbildlich für die derzeitige Metamorphose des gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunks steht. Der Philosoph und Journalist beklagt das „scheibchenweise Verwandeln von Informationen in Infotainment“, „das Formatieren und Formalisieren von Programmen und das Entflechten von Kompetenzen“. Piel wehrt sich mit dem Hinweis, es seien bloß „zwei, drei Sendungen im Wortbereich“ betroffen. Zwar nimmt sie die „allgemeine Sorge um Kulturabbau“ ernst, weist aber auch darauf hin, dass WDR 3 mit seinen 200 000 täglichen Hörern einen fast so großen Etat habe wie die um ein Vielfaches populäreren Wellen 1Live und WDR 2 zusammen.

Sich selbst setzt die Intendantin für ihre zweite Amtsperiode das Ziel, die regionale Verankerung des WDR weiter zu stärken. Auch in dieser Hinsicht gibt es jedoch Kritik. Intern wie extern wird Piel „die schleichende Boulevardisierung“ des regionalen Nachrichtenmagazins „Aktuelle Stunde“ sowie der Abbau lokaler Berichterstattung im Hörfunk angekreidet. Beides führe dazu, dass der WDR „immer mehr an journalistischem Profil“ verliere. An die Stelle kritischer Recherche sei das Bestreben getreten, Geschichten möglichst menschelnd zu erzählen. Maßgebliche Kriterien für öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Marke Piel seien mithin Stromlinienförmigkeit und Durchhörbarkeit. Zu allem Überfluss hätten die Modernisierungen gerade im Hörfunk allein dazu geführt, Stammhörer zu verärgern; jüngeres Publikum sei nicht gewonnen worden. Und dann gab es auch noch Ärger, weil sich Moderatoren darüber beklagten, sie seien aus Altersgründen entlassen und somit diskriminiert worden.

Aber auch innerhalb der ARD sah sich Monika Piel zuletzt plötzlich mit Kritik konfrontiert. Das Vorabenddesaster von Thomas Gottschalk, den sie immer wieder demonstrativ unterstützt hatte, wurde als willkommener Anlass genutzt, offen oder hintenrum gegen die ARD-Vorsitzende zu stänkern. Wie es scheint, kommen nicht alle Intendantenkollegen aus dem Senderverbund mit ihrer durchsetzungsfreudigen Art klar, zumal der Rheinländerin aus dem Bergischen Land auch eine gewisse Sturheit nachgesagt wird.

Im Rundfunkrat des WDR setzt man verständlicherweise andere Prioritäten. Die Vorsitzende des Gremiums, Ruth Hieronymi, verweist auf Fortschritte in wichtigen Bereichen: die Schärfung des öffentlich-rechtlichen Profils durch mehr Sondersendungen zu aktuellen Themen, die Positionierung öffentlich-rechtlicher Angebote trotz geringerer Gebührenerträge sowie die Bemühungen um mehr jüngere Hörer und Zuschauer.