Das neue Jahr bringt für unseren Weinkolumnisten Michael Weier gleich Arbeit: Seit 1. Januar ist er offiziell Pächter eines Weinbergs, jetzt wurde erst einmal gerodet und verbrannt. Damit künftig mit Maschinen gearbeitet – und vor allem gespritzt werden kann.

Stuttgart - Dass ein Jahr nicht mehr das jüngste ist, erkennt der Fachmann daran, dass ihm niemand mehr ein gutes oder gesundes wünscht. Fortan arbeiten wir uns wieder ohne Unterstützung durch den Alltag. Für mich gilt dies in doppelter Weise: Seit diesem Monat bin ich nun offizieller Pächter des Weinbergs in Rotenberg, den seine Vorbesitzer nur liebevoll Bergle nennen. Mein Vertrag läuft ganz genau bis 31. Dezember 2029. Wenn das mal keine Perspektiven sind!

 

Begonnen hat das Projekt Weinberg allerdings schon längst, ich habe auch im alten Jahr ein bisschen was gemacht. Weil sich schon vor dem Start die ersten beiden Probleme gezeigt haben. Erstens der Pflanzenschutz, zweitens die Wahl der Rebsorte. Das Bergle liegt hinter der letzten Mauer, die nach der Flurbereinigung in diesem Bereich stehen geblieben ist. Folglich muss(te) dort nach alter Väter Sitte gespritzt werden. Die Mühen hätten mich nicht geschreckt, aber der Erfolg schien mir leider sehr fraglich. Denn: Pflanzenschutz duldet keinen Aufschub, mit Bürozeiten lässt sich das schwer vereinbaren. Also hat mir Rolf Berner, der Vorstandsvorsitzende vom Collegium Wirtemberg und Weinberg-Chef, den ersten Ratschlag gegeben: Das Bergle braucht eine Rampe, damit man mit einem kleinen Traktor solche Arbeiten erledigen kann, dann lassen sie sich auslagern, auf Neudeutsch: outsorcen.

Immer wenn ich die Geschichte erzählt habe, kam der Vorschlag, doch einfach NICHT zu spritzen und ökologisch zu arbeiten. Pflanzenschutz auf diese Art zu machen ist verlockend, aber von einem Laien wie mir nicht zu leisten. Denn Bio verlangt noch mehr Einsatz, spontanen Einsatz – und den bringe ich nicht.

Also galt: Die große Lösung muss her, wir haben im Bergle sämtliche Rebstöcke entfernt, sämtliche Pfosten rausgerissen, alles für den Umbau vorbereitet. Allein da zeigte sich, wie spontan ein Wengerter sein muss! Vor Wochen haben wir geplant, ein wunderbares Feuer anzuzünden mit den Reben und zu grillen. War alles im Plan, am Tag des Feuers windete es auf dem Bergle derart, dass wir fast den Grill nicht anbekommen hätten. An Feuer war nicht zu denken. Das entzündete mein lieber Vorgänger und Nachbar Rainer Kill dann einen Tag später, als ich im Büro vor meinem Bildschirm hockte.

Das Leben des Wengerters ist nicht leicht. Das habe ich ja schon bei der Wahl der Rebsorte erfahren. Spätburgunder, für den ich schon bei der Rebschule Wahler in Schnait nach den passenden Züchtungen geschaut habe, sei vielleicht doch nicht die richtige Wahl. Das war der zweite Ratschlag von Rolf Berner. Nun pflanzen wir demnächst Chardonnay. Dabei kann ich wenigstens meine Lust an der Arbeit im Weinberg ein bisschen stillen. Denn die ist gewachsen, selbst beim windigen Fehlversuch, ein Feuer zu entzünden. Denn auf einem kleinen Grill haben wir die Wurst hingekriegt, und der nächtliche Blick vom Bergle ins Tal war einfach sensationell. Fünfzehn Jahre darf ich den jetzt genießen, das wiegt alle kleinen und großen Probleme locker auf.