Mehrere Popstars gehen dieses Jahr mit Weihnachtsalben ins Rennen. Aber die Saison hat auch Weihnachtslieder in Skaversion zu bieten – oder „Silent Night“ als Soulnummer.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Diesmal hat es Helene Fischer getan. Die Schlagersängerin hat im November ihr Weihnachtsalbum „Weihnachten“ veröffentlicht und ist damit auf Platz eins der Musikcharts eingestiegen. Auch in Österreich und der Schweiz belegt das Album Spitzenplätze, selbst in Belgien und den Niederlanden reichte es für die respektablen Chartplatzierungen 20 und 23.

 

Nur eine Woche später wurde Fischer von Adele mit ihrem Rekordalbum „25“ verdrängt. Für Popauskenner war das eine gute Nachricht, denn zumindest die erste CD des Fischer’schen Weihnachtsalbums gibt sich selbst für dieses wenig innovationsfreundliche Genre extrem traditionell. Die 31-Jährige singt sich durch das deutsche Standard-Weihnachtsliederbuch, das Jahr für Jahr in Millionen Haushalten aufgeklappt wird: „Lasst uns froh und munter sein“, „Ihr Kinderlein kommet“, „Es ist ein Ros’ entsprungen“. Und so weiter, immer sanft orchestral instrumentiert, mal mit Kinderchor und mal mit Xavier Naidoo. Der Shitstorm für das Duett „Vom Himmel hoch da komm ich her“ ist bislang übrigens ausgeblieben.

Auf der zweiten CD finden sich dann erstaunlich souverän eingespielte englischsprachige Klassiker wie „Let it snow“ oder „Winter Wonderland“ sowie Duette mit Ricky Martin („Last Christmas“) oder Bing Crosby („White Christmas“). Überhaupt gibt sich der Schlagerstar erstaunlich international. Ihr Weihnachtsalbum hat die Fischer mit dem Royal Philharmonic Orchestra in den Abbey Road Studios eingespielt. Zudem ist es eher weniger im deutschen, eher im angelsächsischen Sprachraum Usus, dass die Stars Weihnachtsalben aufnehmen. Selbst weniger bekannte englischsprachige Bands machen mit und legen im Laufe ihrer Karriere ein eigenes, gern auch schräges Weihnachtsalbum ein.

Ist Kylie Minogue in Wirklichkeit George Michael?

Mit Kylie Minogue reiht sich eine Ikone der Popmusik dieses Jahr in die Holiday-Season-Veröffentlichungen ein, wie man den Weihnachtspop im englischsprachigen Raum nennt. Bisher war Minogue in dieser Hinsicht nicht auffällig geworden, sieht man vom Spaß eines Fans ab, der beim Wham-Klassiker „Last Christmas“ die Tonhöhe verändert hat, was tatsächlich einigermaßen wie Kylie klingt.

Nach furiosen Liveauftritten mit ihren Disco-Hits im Sommer hat Minogue jetzt beispielsweise „Let it snow“ in herrlichster Easy-Listening-Manier im Stil der Fünfziger und Sechziger eingespielt, mit Streichern und swingendem Schlagzeug. Kylie als Croonerin! Noch eine Besonderheit: Die Australierin hat zwar den Nachteil, dass es in ihrer Heimat so gut wie nie schneit. Normalerweise. Dieses Jahr war das anders. Und so wandelte sich der vermeintliche Nachteil zu einem im Weihnachtspop-Genre seltenen Privileg: Anders als die Künstler von der Norhalbkugel war es in Minogues Heimat tatsächlich Winter, als sie im Juli ihr Weihnachtsalbum eingespielt hat.

Wie viele andere versucht sich die auch Sängerin LeAnn Rimes auf ihrem Album „Today Is Christmas“ an angelsächsischen Weihnachtsklassikern wie „Little Drummer Boy“ und „Auld Lang Syne“ – dank ihrer warmen, weichen Stimme glücken der US-Amerikanerin angenehm anzuhörende Interpretationen und sogar neue Songs.

Offbeat statt Gottesdienst

Der deutsche Ska-Künstler Dr Ring-Ding ist in seiner Songauswahl an solche Traditionen nicht gebunden – und bleibt sich auch stilistisch treu. Weihnachtssongs mit Offbeat? Ja warum denn nicht! Es fliegen ja auch Menschen über Weihnachten in die Karibik, wo man solche Klänge eher vermutet. Und „Les anges das nos campagnes“, eine trompetensologetränkte Version von „Gloria in excelsis deo“, klingt bei Dr Ring-Ding allemal fröhlicher und flotter als im Weihnachtsgottesdienst (oder bei Helene Fischer).

Wem mehr nach Swing und Rock ist, der sollte zu Brian Setzers Album „Rockin’ Rudolph“ greifen, das es (zum weihnachtlichen Schnäppchenpreis) sogar in einer Deluxe Box mit Polaroidfotos, Noten und anderem Krimskrams gibt. Musikalisch sind angejazzte, sanft rockende und Big-Band-Versionen von Klassikern wie „Rockin’ Around The Christmas Tree“ oder „Hark! The Herald Angels Sing“ geboten. Auch die US-Band Train hat auf ihrem Album „Christmas in Tahoe“ Weihnachtspopklassiker eingespielt, etwa das hawaiianisch angehauchte, fröhliche „Mele Kalikimaka“ – aber auch eigene Songs. Die Mischung kann allerdings nicht restlos überzeugen.

Unser Favorit der Weihnachtspopsaison 2015: das Album von Sharon Jones & The Dap-Kings mit dem Titel „It’s a Holiday Soul Party“. Die Dap-Kings aus Brooklyn, New York City sind die Band der verstorbenen Soulsängerin Amy Winehouse. Sharon Stone singt auf einen James-Brown-tauglichen Begleittrack passenderweise vom „Funky Little Drummer Boy“ und schafft tatsächlich, „Silent Night“ als swingenden Gospel einzuspielen. Dazu rieselt der Schnee umso schöner!