Die Eigentumsverhältnisse beim Grund und Boden im Würmtal sind neu geordnet. Von der Flurbereinigung profitiert vor allem die Natur.

Weil der Stadt - Alle Hände gehen nach oben. „Das ist einstimmig“, sagt Tillmann Faust zufrieden. Er ist im Böblinger Landratsamt der Leiter des Sachgebietes „Flurneuordnung“ und war in Weil der Stadt immerhin in den vergangenen vier Jahren in dieser Sache beschäftigt.

 

Denn das Stück saftige Wiese hier im Würmtal, zwischen Weil der Stadt und Schafhausen, wurde eben einer solchen Flurneuordnung unterzogen. Bis zum vergangenen Mittwoch, denn da war alles fertig – und auch ein zufriedener Rolf Weiß hebt daher seine Hand zur Schlussabstimmung für dieses Naturprojekt. „Hier stehen wir jetzt auf meiner neuen Wiese“, erklärt der Weil der Städter Landwirt.

„Davor hatte ich zwar genauso viel Grundbesitz hier, der war aber auf viele verschiedene Stücke verteilt“, sagt Rolf Weiß. Denn genau so funktioniert eine Flurneuordnung: Die Grundstücke in einem Gebiet werden neu zugeschnitten,die Grundstückseigentümer bekommen neue Grundstücke in derselben Größe, oder sie lassen sich auszahlen.

Harmonische Teilnehmergemeinschaft

Alle Grundstückseigentümer haben dabei eine Teilnehmergemeinschaft gegründet. „Das lief alles ganz harmonisch ab bei uns“, sagt der Landwirt Rolf Weiß. Er war der Vorsitzende der Teilnehmergemeinschaft – bis zum vergangenen Mittwoch. Denn da haben sich alle noch mal getroffen, ihre Hände gehoben und so die Teilnehmergemeinschaft aufgelöst.

Damit ist das Projekt Flurneuordnung im Weil der Städter Würmtal beendet. Der Anlass für dieses Verfahren war die Südumfahrung. Diese Umgehungsstraße hat die Stadt zwar schon am 20. Juli 2002 mit einem großen Stadtfest eröffnen können. Wer in Deutschland allerdings eine Straße bauen oder ein Wohngebiet ausweisen will, muss dafür an anderer Stelle die Natur entsprechend aufwerten.

Weil der Stadt hat sich dabei für das Würmtal entschieden. 2,5 Hektar sollten hier aus der landwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen und dem Naturschutz übergeben werden. Darunter eine Schlinge für die Würm und eine Feuchtwiese.

„Und damit wir eben die Gebiete für diese Naturschutzmaßnahmen bekommen, haben wir die Besitzverhältnisse im gesamten Tal neu geordnet“, erklärt Tillmann Faust, der dieses Projekt für das Landratsamt federführend geleitet hat und damit bis Mittwoch beschäftigt war.

Denn da haben sich alle getroffen: Rolf Weiß, die anderen Eigentümer, der Bürgermeister und der Landrat. „Jetzt ist hier eine tolle Landschaft entstanden“, stellt Roland Bernhard fest. „Wirklich eine der schönsten Flecken des Landkreises.“ Denn die Würm plätschert nun natürlich in ihrer neuen Schlinge, Büsche wachsen am Ufer – einen richtigen kleinen Badestrand hat Weil der Stadt da bekommen.

550 000 Euro hat die Würm-Verschönerung gekostet, umgesetzt hat die Maßnahme das Stuttgarter Regierungspräsidium. „Den Vorteil haben jetzt vor allem die Fische“, erklärt Richard Zweig von der dortigen Abteilung Umwelt. In den 60er Jahren hat man die Flüsse begradigt, um landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen.

Es gibt nur Gewinner: die Landwirte und die Bewohner der Würm

Die vielen schönen Schlingen in den Flüssen waren damit Geschichte. „Die Fische brauchen diese Schlingen aber, um darin laichen zu können“, sagt Richard Zweig. Jetzt können sie das in der Würm wieder tun. „Es gibt heute also nur Gewinner“, freut sich daher auch Weils Bürgermeister Thilo Schreiber. „Die Natur hat gewonnen, die Landwirte – und auch die Zusammenarbeit zwischen dem Regierungspräsidium, dem Landkreis und der Stadt.“

Denn das Regierungspräsidium als Landesbehörde hat sich beteiligt, weil der Fluss Würm dem Land gehört. Der Landkreis wollte den Ausbau der Kreisstraße zwischen Maichingen und Grafenau ausgleichen – und Weil der Stadt eben seine Südumfahrung. Die Kosten haben sich die drei Behörden gleichmäßig geteilt.

Jetzt sind insgesamt zehn Hektar flurbereinigt und die Würm hat eine neue Schlinge bekommen. Zugleich wurde auch der Radweg im Würmtal auf einer Länge von 175 Metern instandgesetzt, 70 Meter davon wurden neu angelegt, um eine scharfe Kurve damit zu begradigen.