Alleinstellungsmerkmal der besonderen Art: Zwischen 2 und 4 Uhr bleiben die Straßenlaternen in der Stadt dunkel. Mit dem Abschalten will die Verwaltung vor allem Geld einsparen.

Weil der Stadt - Von Schulen bis Straßenbau– mit vielen Themen beschäftigt sich jeder Gemeinderat in schöner Regelmäßigkeit. In Weil der Stadt gäbe es da noch ein weiteres „S-Thema“, das im Rat zyklisch wieder kehrt – die Straßenbeleuchtung und die Frage: Sollen hier auch in der späten Nacht alle Lichter brennen?

 

Im Dezember 2010 war das Geld ganz knapp und der Gemeinderat hatte sich entschlossen, die Straßenbeleuchtung in Weil und allen Teilorten nachts einzusparen. Im Februar 2013 war dann die große Krise vorbei, und die Stadt beschloss, die Lichter wenigstens am Wochenende wieder durchgehend brennen zu lassen.

„Jetzt müssen wir mal wieder darüber reden“, regt Bürgermeister Thilo Schreiber im Gemeinderat an und verweist auf einen ganzen Stapel mit Briefen und Mails, die ihn in dieser Sache erreicht haben, und in denen sich allesamt Weil der Städter über die Nachtabschaltung beschweren.

„In Belgien werden sogar die Autobahnen beleuchtet“

Unzufrieden mit der Situation ist auch die SPD-Rätin Silvia Tanczos-Lückge. „In Belgien werden schließlich sogar die Autobahnen beleuchtet“, hat sie festgestellt. „Selbst wenn wir mit der durchgehenden Beleuchtung nur ein Menschenleben retten, hat sie sich schon gelohnt.“

Mit dem Abschalten will die Stadt vor allem Geld sparen. 35 000 Euro waren vor fünf Jahren das Ziel. Um das zu überprüfen, hat der städtische Elektriker einen Sachstandsbericht erstellt und damit erstmals detailliert die Straßenbeleuchtung in Weil der Stadt unter die Lupe genommen.

Das Ergebnis: 2 840 Leuchten gibt es im Stadtgebiet. Pro Stunde kostet deren Betrieb genau 46,68 Euro. Wenn diese also wochentags abgeschaltet werden – außer an der Fasnet und an Silvester – dann spart die Stadt damit etwa 36 000 Euro ein.

Michael Borger von den Freien Wählern findet das gut. „Die Kommune ist schließlich nicht für alles verantwortlich“, sagt er bei der Gemeinderats-Debatte. „Ich kann auch mal eine Taschenlampe mitnehmen, oder mit dem Auto fahren.“ Sparen will auch der Grüne Steffen Rüger, der an das „Gesamtwohl der Stadt“ denkt: „Das ist wichtiger, als die paar Leute, die nachts durch die Stadt fahren.“

Zwar weist die FDP-Rätin Brigitte Benzinger-König darauf hin, dass der Polizeibericht von Weil der Stadt keine erhöhte Kriminalität aufweise, seit die Lichter abgestellt werden, dennoch bleibt das Problem der „gefühlten Sicherheit“, wie es der CDU-Mann Martin Buhl nennt: „Diese ist nicht mit Geld zu bewerten. Wir sollten den Bürgern diese gefühlte Sicherheit wieder zurückgeben.“

Seine Ratskollegen kann er damit aber nicht überzeugen, denn am Ende der Debatte sind nur vier Räte gegen die Nachtabschaltung. Mit 17 Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen bleibt es in Weil der Stadt weiterhin zwischen 2 und 4 Uhr düster.

Nächstes Jahr kommen LED-Leuchten

Ob der Gemeinderat sich allerdings auch zukünftig im Zwei-Jahresrhythmus mit dem unliebsamen Reizthema beschäftigen wird, ist noch offen. Haben die Stadträte in der Sitzung doch ebenfalls beschlossen, in den Jahren 2017 und 2018 die bestehenden Quecksilberdampf-Leuchten durch energieärmere LED-Lampen auszutauschen. 700 000 Euro will die Stadt dafür ausgeben, wobei mit Bundeszuschüssen gerechnet wird.

„Wir müssen jetzt dieses Geld investieren, damit wir dann anschließend sparen können“, erklärt Bürgermeister Thilo Schreiber. Und sein Kämmerer Ulrich Knoblauch verspricht: „Mit den LED-Leuchten könnte dann zu bestimmten Zeiten die Straßenbeleuchtung runtergedimmt werden.“ Dann gäbe es nachts zumindest ein bisschen Licht – und die völlige Dunkelheit wäre Geschichte.

KOMMENTAR

Schwarzer Fleck

Straßenlaternen
Völlige Dunkelheit ist kein tragbarer Zustand. Florian Mader

Weil der Stadt - Wenn sie vom Weltall aus nach Belgien blicke, sehe sie, dass dort selbst die Autobahnen hell beleuchtet sind, erzählt die SPD-Frau Silvia Tanczos-Lückge im Gemeinderat. Wer vom Weltall aus nachts nach Weil der Stadt blickt, der sieht nur einen hell beleuchteten Fleck: den Bahnhof. Denn die deutsche Bahn leistet sich etwas, was vielen Gemeinderäten als entbehrlicher Luxus erscheint. Die notwendige Ausleuchtung von Fußgängerwegen nämlich. Wenn also Reisende mit der letzten S-Bahn aus Stuttgart um 1.27 Uhr eintreffen, tappen sie durch eine stockdunkle Stadt. Wem das zugemutet wird – etwa, weil er Pendler ist – der greift doch wieder zum Auto, auch wenn die Staus in der Region jeden Tag länger werden.

Die verantwortlichen Gemeinderäte liegen da vermutlich längst im Bett, anstatt sich mit all denjenigen zu beschäftigen, die nachts arbeiten müssen. Pendler, die schnell heim wollen, Notärzte, die keine Straßenschilder sehen, Zeitungsausträger, die die Briefkästen nicht finden. Eine Stadt lebt, auch nachts.