Die Zeiten kommen und gehen. Im Kino von Wolfgang Mareczek ändert sich wenig.

Weil der Stadt - Die brandaktuellen Filmplakate, die Nierentischchen der 50er Jahre, die Wandfarbe und die Tapeten – alles müsste man abkratzen und wegstellen, dann würde man auf die ganz alten Mauern stoßen. Bestimmt aus dem 19. Jahrhundert, schätzt Wolfgang Mareczek, ist die Bausubstanz, in der sein Kinocenter heute noch beheimatet ist.

 

Eine alte Turnhalle war das Gebäude in der Badtorstraße mal, die dann, nach dem Krieg, wie damals üblich, zu einem Kino umfunktioniert wurde. Seitdem gehen sie hier ein und aus, ob Blockbuster, Kassenschlager, Flop oder Fiasko. Und zwischendrin sitzt Wolfgang Mareczek, der Weiler „Mister Kino“, der das Center 1973 übernommen hat.

Jung, modern, laut, großstädtisch – das gibt es nicht in Weil der Stadt

Und ganz entspannt bleibt. „Uns kann hier nix passieren“, sagt er. „Wir sitzen hier seit Jahrzehnten im eigenen Haus.“ Die neue Konkurrenz aus Leonberg verortet er in einem völlig anderen Kino-Segment, Wolfgang Mareczek nennt sie das „Multiplex-Publikum“: jung, modern, laut, großstädtisch. „Die sind auch bisher schon nach Sindelfingen oder Stuttgart gefahren, die dortigen Kinos trifft der Leonberger Palast also viel mehr“, ist der Chef-Cineast aus Weil der Stadt überzeugt.

Hier, in seinem Weiler Reich, wo er sich seit über 40 Jahren eingerichtet hat, hat er keine Befürchtungen. Klein, familiär, übersichtlich, ein handgemachtes Programmkino für Liebhaber – so kennt es das Weil der Städter Publikum, und so schätzt es das. „Vor allem die Älteren mögen es, wenn das Kino nicht so groß ist“, hat Wolfgang Mareczek festgestellt. Zudem hat er ein großes Einzugsgebiet, aus dem Nordschwarzwald, aus Calw und Pforzheim fahren die Kinoliebhaber nach Weil der Stadt.

Und immer noch aus Leonberg. Wolfgang Mareczek muss schmunzeln, „die betonen das nämlich immer eigens“, erzählt er. Eine wirklich neue Situation ist das für ihn natürlich auch nicht, das alte Leonberger Kino in der Grabenstraße gab es ja nicht nur einmal – Wolfgang Mareczek hat es sogar selbst einmal bespielt. „Auch das Kino in Nagold hatte ich mal betrieben“, sagt er im Rückblick.

Kleinkunst kommt dazu

Aber irgendwann saß er nur noch im Auto, unterwegs zwischen seinen Standorten. „Mein Interesse hat sich auch verlagert“, erklärt er. Wieder zurück zu den Wurzeln, zum Kleinen. Die „Kulisse“ im Industriegebiet war das Ergebnis, wo Wolfgang Mareczek Kleinkunst zeigt – und natürlich ausgewählte Filme, sein Kerngeschäft, dem er treu bleiben möchte.

Auch weiterhin, trotz der neuen Konkurrenz. Etwa ein Viertel weniger Umsatz schätzt er, hat er seitdem. „Aber die jungen Familien kommen alle wieder zurück“, stellt er zufrieden fest, „spätestens, wenn sie Kinder haben.“ Auch der Preis spielt da eine Rolle, mit Popcorn und Pipapo zahlen sie nur etwa die Hälfte bei ihm, schätzt der Gastgeber. Große Portionen und große Flaschen gibt es hier in Weil der Stadt ohnehin nicht. Stattdessen Filmplakate auf Papier, und das Programm wird mit Stechbuchstaben auf die Leinwand geworfen – eben genauso wie vor 50 Jahren.