Die Weingärtner Roßwag-Mühlhausen wollen ihre Weine exklusiv mit dem Namen „Lembergerland“ bewerben. Doch gegen die Marken-Eintragung haben die Genossen Stromberg-Zabergäu Widerspruch beim Patentamt eingelegt – angeblich in patriotischer Mission.

Vaihingen/Enz - Bertram Haak ist nicht nur Genosse, sondern auch Genießer. Der Geschäftsführer der Weingärtner Roßwag-Mühlhausen weiß außer einem guten Tropfen auch den guten Ton zu schätzen – er gilt als begabter Bratschist. Neulich, so heißt es, hat ihn sein Kollege von der Genossenschaft in Brackenheim, den Weingärtnern Stromberg-Zabergäu, allerdings in die Schranken gewiesen. „Beim Lemberger spielen wir die erste Geige“, soll Thilo Heuft gesagt haben.

 

Hinter der Anspielung stecken tatsächlich herbe Misstöne zwischen den beiden Genossenschaften. Denn die Wengerter Roßwag-Mühlhausen wollen beim Deutschen Marken- und Patentamt in München ein Markenrecht eintragen lassen, das den Kollegen überhaupt nicht schmeckt: sie wollen exklusiv das Recht für sich beanspruchen, das „Lembergerland“ zu sein. Wenn sie damit durchkommen, würde das bedeuten, dass nur die Genossen aus dem Vaihinger Stadtteil Roßwag und dem Nachbarort Mühlhausen (Enzkreis) mit diesem Begriff werben dürften – und zwar nicht nur beim Wein, sondern auch beim Textil-Merchandising und für kulturelle Veranstaltungen.

„Wir sind die Nummer 1“

Dagegen haben die Genossen aus Brackenheim (Kreis Heilbronn) Widerspruch eingelegt. „Wir sind der Überzeugung, dass der Lemberger ganz Württemberg gehört“, sagt der Geschäftsführer Thilo Heuft. Wenn überhaupt sich jemand als Lem-bergerland bezeichnen dürfe, dann die Genossen aus dem Unterland. „Wir haben in unserer Genossenschaft 190 Hektar Lemberger angepflanzt und sind damit die Nummer 1.“ Zudem führt er historische Argumente ins Feld. „Bei uns liegt der Ursprung.“ Will heißen: bei den Grafen im Brackenheimer Teilort Neipperg sei die Rebsorte unter diesem Namen schon im vor mehr als 500 Jahren erwähnt worden.

Heufts Kollege in Roßwag führt gegen diese patriotischen Argumente landschaftspflegerische Gründe ins Feld. „Wir haben das nicht-monetäre Ziel, die schöne Natur an der Enz zu erhalten“, sagt Bertram Haak. Hinter dem Markenstreit steckt für ihn ein Kampf Klein gegen Groß. Roßwag-Mühlhausen bewirtschaftet rund 140 Hektar, die Kollegen Stromberg-Zabergäu sind mit 750 Hektar die Nummer drei der unabhängigen Genossenschaften in Württemberg. Mit der Masse der Brackenheimer Kollegen in Sachen Lemberger könne er zwar nicht mithalten. Sehr wohl aber mit relativen Qualitäten: mehr als 80 Prozent der terrassierten Steillagen der Genossen von Roßwag-Mühlhausen seien mit Lemberger bestockt.

Eine reine Neiddebatte?

Haak bezeichnet sich selbst als Vater des Begriffs „Lembergerland“ und reagiert deshalb auch leicht gereizt auf den Einspruch der Brackenheimer. Von einer Neiddebatte wolle er zwar nicht sprechen. „Mich würde es auch ärgern, wenn Kollegen so eine gute Idee hätte“, sagt Haak , „aber ich würde nicht dagegen vorgehen.“ Er gehe nicht davon aus, dass den Roßwager Genossen ihr Markenname aberkannt werde.

Haak ist in der Branche als Marketingtalent bekannt, das sich an den immer mehr verbreiteten Anmeldungen beim Münchner Patentamt rege beteiligt (siehe Text unten). Mit dem Scheitern seiner Projekte hat er bereits Erfahrung: die Marken „Domäne Roßwag“ sowie „Lemberger Manufaktur“ und „Lembergerkellerei“ wurden von der Behörde jedoch zurückgewiesen – die beiden letzteren wegen „fehlender Unterscheidungskraft“.

„Wir wollen eine Grenze aufzeigen“

Dennoch hält der 51-jährige, seit vier Jahren amtierende Geschäftsführer das Thema für entscheidend. „Da sind uns andere Anbaugebiete einen großen Schritt voraus.“ Eine griffige Marke schlage sich auch in Umsatzsteigerungen nieder. Auch die Kollegen in Brackenheim haben Markenpatente angemeldet – beschränkt auf die Kategorie Wein und alkoholische Getränke. Der „Mann im Fass“ oder die Serie „Rother/Weißer vom Stromberg“ kämen den Kollegen nicht in die Quere, sagt Thilo Heuft. Er habe kein Problem mit den Genossen aus Roßwag und Mühlhausen. „Aber wir wollen eine Grenze aufzeigen.“

Markante Markennamen

Trend - Vor allem die Genossenschaften versuchen, eingängige und bekannte Namen für sich zu beanspruchen.

Die Felsengartenkellerei hat zum größten Rundumschlag in Sachen Markennamen angesetzt: „Weinwelt Neckartal“ und „Weinwelt Neckar“ wollten sich die Genossen unter den Nagel reißen. Dass sich der Neckar nicht nur um die Felsengärten schlängelt, sondern von Stuttgart an durch das komplette Anbaugebiet Württemberg, hat sie nicht weiter eingeschüchtert. Aber der Versuch, im Frühjahr 2006 den Neckar zu vereinnahmen, scheiterte. Dafür durfte die Felsengartenkellerei die im Flusstal recht verbreitete Terrasse für sich reservieren lassen. Allerdings blieb offenbar der gewünschte Erfolg aus, nach zehn Jahren wurde der Markenname 2012 gelöscht. Jetzt setzen die Wengerter auf Fas(s)zination, diese Wortschöpfung sicherten sie sich bis 2022.

Der „Katzenbeißer“ war einer der ersten

Die Remstalkellerei fiel 2002 mit einer gleichermaßen weit gefassten Wortmarke auf die Nase: „Neues aus Württemberg“ akzeptierte das Deutsche Marken- und Patentamt nicht. Als Schutzhindernis gaben die Beamten „das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft“ an. Den Schlotzer, der in Württemberg ja recht verbreitet ist, durften sie dagegen von 1964 an für sich beanspruchen. 2003 verloren sie das Interesse daran. Beim Namen Stoffel für ihren Müller-Thurgau sind sie dafür seither geblieben, obwohl er nicht sehr charmant und zeitgemäß klingt. Ihn sicherten sie 2012 sogar für eine weitere Dekade. Noch früher meldeten sich die Lauffener Weingärtner auf dem Amt: Seit 1962 dürfen nur sie Weine aus der Lage Katzenbeißer als Lauffener Katzenbeißer bezeichnen.

Auch die Bottwartaler Winzer haben keine Hemmungen bei der Werbung. Mit dem Spruch „Von Bacchos Gnaden“ hofften sie wohl auf göttlichen Beistand für ihren Weinabsatz. 2012 gaben sie diesen Plan auf. Dafür befinden sich die Tier- und Pflanzenwelt in Form von „ Flora und Fauna“ in ihrem Besitz. Ebenfalls im Programm der Genossen: Terra Wunnenstein, Lust & Laune sowie Flamme. Bei der feurigen Kreation handelt es sich im Übrigen nicht um Lust oder Liebe, sondern um einen Glühwein – mit jeder Menge Restzucker.

Priccolo – ein Fehlversuch

Die Weingärtnergenossenschaft Marbach sind in diesem Gebiet weniger einfallsreich. Sie haben laut Deutschem Patent- und Markenamt bislang nur einen Versuch gewagt, sich einen Markennamen schützen zu lassen. Mit Priccolo versuchten die Wengerter 1996 ihr Glück, zwei Jahre später wurde die Akte nach einem Widerspruchsverfahren gelöscht. Die Ähnlichkeit zum Piccolo von Kessler ließ sich wahrscheinlich kaum widerlegen.

Ansonsten leisten sich noch die großen Weingüter Patentanwälte, hauptsächlich um die Namen ihrer Spitzenweine zu reservieren. Graf Adelmann hat 1985 zum Beispiel sein Brüssele ins Markenregister eingetragen. In erster Linie nur für Weine sowie für alkoholische Getränke lassen sich die Wengerter ihre Ideen schützen.