Auch am Lemberg treibt ein neuer Schädling sein Unwesen. Noch gibt es kein Patentrezept gegen das Tier. Die aus Asien stammende Kirschessigfliege befällt anders als die heimischen Arten auch gesunde Früchte.

Feuerbach - Kleine Mücke, große Wirkung: Die Kirschessigfliege hält derzeit die Wengerter auf Trab. Auch am Lemberg haben die Weinbauern jetzt Alarm geschlagen. Der drei Millimeter große Schädling könnte ihnen gehörig die Lese verhageln. Die aus Asien stammende Kirschessigfliege befällt anders als die heimischen Arten auch gesunde Früchte, wenn sie einen gewissen Reifegrad erreicht haben. Die Weibchen haben eine Art Sägeapparat am Hinterleib, mit dem sie die Beeren anbohren, um im Inneren ihre Eier abzulegen. Die schlüpfenden Larven erledigen den Rest. Die Frucht wird ungenießbar. Sie fault. Es bildet sich Essig.

 

Es gibt kein Allheilmittel

Der Mücke wird nachgesagt, dass sie vor allem Früchte mit dunkler Schale bevorzugt. „Vor sechs Wochen waren bei mir die Brombeeren reif. Zwei bis drei Tage später waren sie kaputt. Dann ging es beim Holunder weiter. Und jetzt werden die Weintrauben für die Biester interessant“, sagt Wengerter Joachim Friedrich. Er geht davon aus, dass die Fliegen sich über die Früchte hermachen, sobald sie einen Zuckergehalt von mehr als 60 Grad Oechsle aufweisen. Und das sei beispielsweise beim Cabernet, Regent, Monarch oder Dornfelder bereits der Fall. Weinbauer Fabian Rajtschan hat am Lemberg schon stark befallene Trauben gesehen, die vor Kurzem geerntet wurden. „Es hat stark nach Essig gerochen. Wenn die Beeren mitverarbeitet werden, kann der ganze Wein verdorben sein.“ Das bestätigt auch Siegfried Hundinger, Weinbauberater beim Landratsamt Ludwigsburg: „Wenn nur zehn Prozent der angeschlagenen Beeren übersehen werden, wird es schon kritisch mit dem Geschmack.“ Das soll Rajtschan und seinen Tropfen nicht passieren. Zwar gibt es noch kein Allheilmittel gegen die Fliege, aber er, Friedrich und auch die anderen Wengerter am Lemberg wollen nichts unversucht lassen, um das Tier zu stoppen.

Sie haben Fallen mit naturtrübem Apfelessig aufgestellt und auch die große Spritze wieder aus dem Schrank geholt, die eigentlich seit Mitte August nicht mehr benutzt wird. Das Mittel, das von verschiedenen Weinbauberatern zum Spritzen empfohlen wird, heißt Spintor. „Das Pestizid erfüllt ungefähr drei Tage lang seinen Zweck“, sagt Hundinger. Es tötet die Kirschessigfliege. „Allerdings muss man nach dem Spritzen 14 Tage lang warten, ehe die Trauben gelesen werden dürfen“, sagt Rajtschan. Somit seien die Beeren mehrere Tage schutzlos. Deshalb mischt der Weinbauer das Mittel mit einem Köder. Das hat nicht nur den Vorteil, dass mehr Fliegen am Pestizid sterben, sondern sich auch noch die Wartezeit bis zur Ernte durch die geringere Menge an Spintor halbiert.

Ein Weibchen legt bis zu 400 Eier

Zudem spritzen Rajtschan und Friedrich auch noch ab und zu Löschkalk. „Die befallenen und angefressenen Beeren trockenen so aus und ziehen die Fliege somit auch nicht mehr an“, sagt Rajtschan. Der Kalk neutralisiere auch den Essiggeruch. Am Dienstag erntet der Weinbauer seinen Dornfelder. Dann wird er sehen, ob die ergriffenen Maßnahmen erfolgreich waren. In den nächsten Tagen werden unter anderem auch der Trollinger und Lemberger die Reife erlangen, die für die Fliege von Interesse ist. „Auf jeden Fall müssen wir vermeiden, dass wir den Schädlingen Brutstätten bieten“, sagt Rajtschan. Er selbst hat schon rund 400 Kilogramm aussortierte Beeren aus seinem Weinberg getragen, die er ohne Fliege sonst auf dem Boden hätte liegen lassen. „Doch das geht nicht. Der Gärgeruch zieht die Viecher noch mehr an“, sagt Friedrich. Deshalb appelliert er auch an die Gartenbesitzer am Lemberg, dass sie sich mit den Weinbauern solidarisch zeigen sollen. Fauliges Obst müsse aufgelesen und entsorgt werden, „aber nicht im Wald, wie das des Öfteren passiert“. Die Kirschessigfliege würde sonst die Gelegenheit nutzen, dort zu brüten. Und sie vermehrt sich rasant. Ein Weibchen legt bis zu 400 Eier. Nach 14 Tagen kann ein geschlüpftes Tier schon geschlechtsreif sein. Und bei milden Wintern sind die Überlebenschancen des Schädlings zudem noch sehr gut.

Rajtschan und Friedrich wollen jetzt erst einmal die nächsten Wochen überstehen und hoffen, noch rechtzeitig die richtigen Maßnahmen ergriffen zu haben.