Die vielen Turbulenzen um das Weingut der Stadt Stuttgart sind erst einmal passé. Mit dem Wechsel an der Spitze kehrt erst einmal vorläufige Beruhigung ein, auch wenn das paradox klingen mag, meint unser Redakteur Josef Schunder.

Stuttgart - In der unendlichen Geschichte um das städtische Weingut wird ein neues Kapitel aufgeschlagen. Mit Timo Saier, dem neuen Leiter. Vorschusslorbeeren sind immer mit Vorsicht zu genießen. Beim Weinbau, der eine ruhige Hand und Geduld erfordert, gilt das ganz besonders. Aber es ist nicht zu viel gesagt, wenn man festhält, dass das manchmal geschmähte Weingut der Stadt die Chance zu einem wirklichen Neustart hat. Die Voraussetzungen sind gut, dass es in absehbarer Zeit mehr Spitzenweine herstellen und Kunden gewinnen kann.

 

Wer das hofft, tritt nicht unbedingt dem bisherigen Leiter Bernhard Nanz vors Schienbein. Der Neurentner weiß selbst genau, dass das Weingut intern mit Erschwernissen gekämpft hat. Auch da gibt es neue Gestaltungschancen, und frischer Wind an der Spitze tut ein Übriges. Der ehemalige Obstbauberater Nanz hat sozusagen als Quereinsteiger Beachtliches geleistet. Jetzt könnte einer aus der Garde der jungen Önologen – wie schon bei anderen Weingütern – tatsächlich noch bessere Qualität schaffen. Dass das Weingut abhebt, ist nicht zu erwarten. Es gehe nicht nur um Spitzen- oder Premiumweine, sagt der zuständige Bürgermeistern, sondern auch um mehr Qualität in der Breite. Auch um einfachere, aber gut ausgebaute Weine.

Besonders günstig ist, dass das Weingut durch die Wechsel automatisch eine Schonfrist von vier oder fünf Jahren hat – auch bei Bürgermeister Föll. Mit Nanz tat er sich schwer. Den Nachfolger Saier hat er maßgeblich ausgewählt. Das lässt zusammenwachsen, was nicht immer beieinander war. Nicht nur Saier, auch Föll muss jetzt vorexerzieren, wie man ein kleines Weingut erfolgreich unter dem kommunalen Dach führen kann. Die Steillagen sind dabei keine Ausrede. Die Zusatzkosten für ihre Bewirtschaftung muss von vornherein die Stadt übernehmen, die mit diesen Weinbergen wirbt.

Auch Bürgermeister Föll ist jetzt selbst in der Pflicht

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