Er kommt eher leicht daher, rubinrot in der Farbe, mit der Kirsche als beherrschendem Aroma: Holger Gayer stellt heute einen leichten Rotwein vor, der an Trollinger erinnert und ein Fest für Querköpfe sein müsste.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Es ist erstaunlich, welche Summen bisweilen bei Auktionen aufgerufen werden, nur weil es sich bei den zu versteigernden Gegenständen um Raritäten handelt. Dabei sind Raritäten oft genug nur deswegen rar, weil der Mensch sie nicht mehr braucht. Oder weil die Natur im Laufe der Zeit eingesehen hat, dass es bessere Lösungen gibt. Beide Fälle sind auch im Weinbau zu beobachten. Manche Rebsorten, die früher zum Standard zählten, gibt es nicht mehr – und das ist auch gut so. Eine Ausnahme bildet der Urban. Einst ein wesentlicher Bestandteil im gemischten Satz, kultivieren ihn heute nur noch zwei Württemberger Institutionen: die Lehr- und Versuchsanstalt in Weinsberg und das Weingut der Grafen Adelmann in Kleinbottwar.

 

Besonders Letzteren ist die Pflege dieser alten Sorte hoch anzurechnen. Denn ein Gewinnbringer ist der Urban wohl kaum. Der entfernte Verwandte des Trollinger kommt wie derselbe eher leicht daher, rubinrot in der Farbe, mit der Kirsche als beherrschendem Aroma, die aber abgelöst wird von einem dezenten Bittermandelgeschmack, den man mögen muss – oder auch nicht. Die Grafen Adelmann aber stehen zu ihrer Rarität – auch jetzt noch, da der Traditionsbetrieb seinen hundertsten Geburtstag feiert und der junge Felix, Jahrgang 1979, das Zepter von seinem Vater Michael übernommen hat. Dieses Bekenntnis zur Tradition nötigt mir Respekt ab, zumal es bei den Grafen Adelmann stets durch Qualität unterfüttert ist.

Das Urteil der StZ-Weinrunde:

Kathrin Haasis Es gibt einen Grund, warum niemand außer den Adelmanns Urban anbaut: Man verpasst nichts, wenn man diesen leichten Rotwein niemals trinkt. Ehrlich gesagt, erspart man sich sogar eine grüne Bittermandelnote und viel Säure.

Harald Beck Die deftige Säure fällt bei dem Urban tatsächlich als Erstes auf. In Frucht und Geschmack bleibt er ziemlich zurückhaltend. Als leichter Tropfen trinkbar, aber der Weinheilige St. Urban hätte womöglich was Habhafteres verdient.

2011er Urban, 9,50 Euro, Weingut Graf Adelmann, Burg Schaubeck, Kleinbottwar, Telefon 0 71 48/9 21 22-0.