Unsere Wein-Expertenrunde hat für die herbstliche Jahreszeit den passenden Tropfen parat: einen kernige, ehrlichen Trollinger aus dem Cannstatter Ehrenamt, der nach dunkler Kirsche und Mandel duftet.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Stuttgart - Volksfestzeit ist Bierzeit. Oans, zwoa, gsuffa! Dieses Jahr war ich zum ersten Mal in meinem Leben auf dem Oktoberfest. Wir können mit den Münchnern gut mithalten, lautet meine Erkenntnis. Nur auf zwei Dinge bin ich ein bisschen neidisch: Die haben auf der Wiesn nicht nur ein Kaiserschmarrnzelt, auch Feinkost Käfer bittet dort zu Tisch. So ein Gourmetzelt würde gut auf den Wasen passen. Immerhin können wir mit einem anderen Unikat auftrumpfen: mit dem Cannstatter Ehrenamt, einem Weinzelt! Auch, weil dort früher der leider viel zu früh verstorbene Weinvogt Dieter Zaiß seine Lieder trällerte, gern mit dem Henkelglas in der Hand.

 

Der Vogt ist tot, das Weingut lebt. Sein Sohn Andreas Zaiß ist nun dafür verantwortlich, zusammen mit der Familie auch für das Cannstatter Ehrenamt und die Weinstube Zaiß in der Cannstatter Altstadt. Außerhalb dieser Quellen sind die Tropfen der Zaißerei eher eine Rarität, denn Andreas Zaiß schenkt 70 Prozent seiner Weine quasi selbst aus. Das ist auch nur fair, denn der 39-Jährige muss dafür ziemlich schuften: Bei seinen dreieinhalb Hektar handelt es sich fast nur um Steillagen am Neckar. Klassisch schwäbisch baut der Weinbautechniker den Traubensaft aus. Sein Trollinger Alte Reben ist zum Beispiel ein kerniger, ehrlicher Tropfen. Er duftet nach dunkler Kirsche und Mandel, ist richtig erdig, mit holziger Note. Zur Maß ist das definitiv eine Alternative. Darauf können die Münchner neidisch sein.

Das Urteil der StZ-Weinrunde: Harald Beck Ein leichter, frischer Trollinger ist das sicherlich nicht, für einen klassischen Vertreter der Sorte fast zu deftig. Mich stört’s wenig, weil er dafür kräftigen, sehr reifen Geschmack liefert – ein richtig voluminöses Zuckerle.

Holger Gayer Schon lustig, dass ausgerechnet aus dem Hause Zaiß ein Trollinger kommt, der kein typischer Trollinger ist. Dieser Wein ist dunkel, schmeckt nach Kirsche, Pflaume und sogar ein bisschen nach Kakao. Ich bin zufrieden.

Trollinger Alte Reben 2011 trocken6,50 Euro, Weingut Andreas Zaiß, Austraße 371, 70376 Stuttgart, 07 11/8 40 13 49, www.zaisserei.de