20 Kinder und Erwachsene beteiligen sich an einem einmaligen Projekt in Weinstadt-Endersbach. Unter dem Titel „Stillgestanden“ machen sie sich selbst zur Kunst. Am 31. Juli und 1. August gibt es nochmals Führungen dazu.

Weinstadt - Hey, das sieht schon megagut aus“, ruft Nicole, zehn Jahre jung, dem gleichaltrigen Bastian zu, der sich von einer Holzbrücke im Endersbacher Kornblumenweg ein Stück weit hat abseilen lassen und nun mehrere Meter über der Straße baumelt. Die Kinder proben für das Kunstprojekts „Stillgestanden“, das an diesem Donnerstagabend bei einer Führung gewissermaßen seine Vernissage hat. Am Freitag und Samstag wird es zwei weitere Rundgänge geben.

 

Dabei bekommt der Begriff lebendige Kunst eine völlig neue Bedeutung. Denn es ist kein gewöhnlicher Skulpturenpfad, den Susanne Kudielka und Kaspar Wimberley von Arttours aus Stuttgart geschaffen haben. Wobei genau genommen, die Kunstwerke sich selbst in Pose bringen. Denn sie bestehen aus rund 20 Weinstädtern, die sich an dem Projekt beteiligen. Die Jüngste von ihnen ist neun Jahre, die ältesten Teilnehmer sind bereits im Seniorenalter.

Die Initiatoren wollen weg vom romantischen Bild der Stadt

Den Anlass zu der Kunstaktion hat das 750-Jahr-Jubiläum von Strümpfelbach gegeben. Inzwischen habe sich jedoch ein ganz eigenes Projekt daraus entwickelt, das sich mit dem heutigen Weinstadt auseinandersetze, sagt Kaspar Wimberley. Bewusst habe man dazu das „halburbane“ Endersbacher Wohngebiet Halde als Schauplatz gewählt, das in den vergangenen Jahrzehnten Stück um Stück gewachsen ist. „Denn wir wollten weg von dem romantischen Bild der Stadt mit Weinbergen und Nuss-Skulpturen.“

Die Nuss-Kunstwerke seien nur ein Ausgangspunkt. „Wir machen unsere eigenen Skulpturen“, erklärt Wimberley. Die von Vater und Sohn Nuss erschaffenen Statuen sollen zusammen mit den Beteiligten ganz neu interpretiert werden. Während diesen letztlich eine Persönlichkeit gemein sei, hätten die Figuren des Stillgestanden-Pfades durch ihre unterschiedlichen Darsteller alle verschiedene Charaktere.

Genau das findet BirgitLuick-Pollard das Spannende. „Die Leute erzählen viel über sich selbst.“ Die 56-Jährige stellt „die Strickende“ dar. Denn allein mit dem Skulpturentitel „die Mutter“, der ihr zunächst zugedacht war, habe sie sich nicht identifizieren können. Mit Wimberley habe sie zwar viel über die Mutterrolle philosophiert. Doch die zündende Idee für die Umsetzung brachte der spontane Einwurf ihrer 13-jährigen Tochter: „Mama, du strickst doch gerne.“

Auch der kreative Prozess kann nachvollzogen werden

Die Gedanken, die hinter den lebenden Skulpturen stehen, erfahren auch die Führungsteilnehmer – und zwar per Audio-Guide. Wimberley hat dazu Ausschnitte von Interviews, die er mit den Beteiligten geführt hat, zusammengestellt. Auf diese Weise können auch die kreativen Prozesse bis zu den fertigen Performances nachvollzogen werden.

Bastian und Elia, beide elf Jahre, wussten indes sofort, wie ihre Skulptur zum Thema Freundschaft aussehen soll. Dicke Kumpel seien sie bereits seit dem Kindergarten und besonders gern kletterten sie gemeinsam im Wald auf Felsen. Einen Wald und Felsen gibt es in der Endersbacher Halde zwar nicht, dafür aber eine Brücke. Warum sich also nicht von ihr abseilen? Bernd Hlawatsch, ein Klettertrainer beim Deutschen Alpenverein, unterstützt die Jungs dabei.

Derweil richten sich Nicole und ihre Schulfreundin Judith in einer Brombeerhecke ein Versteck ein. Was die zehn und neun Jahre alten Mädchen dort darstellen? Das Geheimnis wird erst bei der ersten Führung am Abend gelüftet.