Zum 15-jährigen Bestehen des Stadtseniorenrates Weinstadt blickt Waltraud Bühl zurück auf Erreichtes und voraus auf neue Projekte. Seit 2011 ist sie die Sprecherin des Gremiums, für das sie 2004 als Vertreterin des Deutschen Roten Kreuzes benannt wurde.

Weinstadt - Seit 15 Jahren sind die Stadtseniorenräte in Weinstadt ein Sprachrohr für die Interessen der älteren Bürger. Ihre Sprecherin Waltraud Bühl berichtet von umgesetzten Projekten und künftigen Aufgaben in einer alternden Gesellschaft.
Frau Bühl, weshalb wurde der Stadtseniorenrat vor 15 Jahren aus der Taufe gehoben? Gab es einen konkreten Anstoß dazu?
Es gab schon vorher Vertreter der Senioren in den Vereinen. Der Anstoß einen Seniorenrat zu gründen kam dann vom Rathaus, um das Ganze in ein Gefüge zu bringen und damit Schwerpunkte gesetzt werden. Weinstädter Vereine, Organisationen, Kirchen, die Sozial- und Diakoniestation, Pflegeeinrichtungen und auch der Gemeinderat und die Stadt haben dann Vertreter für drei Jahre benannt. So ergibt sich immer eine ganz bunte Mischung im Rat.
Volljährig ist der Rat mit 15 Jahren zwar noch nicht, aber den Kinderschuhen ist er sicher dennoch längst entwachsen. Was waren denn die größten Entwicklungsschritte?
Eine Entwicklung hat sich sofort mit der Gründung des Singkreises ergeben. Anfangs bestand er aus zehn bis 15 Personen, inzwischen ist er ein großer Kreis von rund 60 sangesfreudigen Senioren, die sich regelmäßig unter der Leitung von Ingeburg Dobler-Maier treffen. Etwas ganz Wichtiges, das ins Leben gerufen wurde, ist auch die Seniorenakademie. Sie organisiert Weinberg- und Fahrradtouren, Konzert- und Museumsausflüge, aber beispielsweise auch Sprach- und EDV-Kurse in Kooperation mit der Volkshochschule. Denn es war von Anfang an ein Schwerpunkt des Stadtseniorenrates, dass wir Älteren die Möglichkeit geben wollen, sich weiterzubilden. Weitere wichtige Entwicklungsschritte sind der Panoramaweg, den wir bei Großheppach ins Leben gerufen haben. Zudem erscheint alle drei Jahre der „Seniorenkompass“ mit Informationen über alles, was das Leben in der Stadt ausmacht. Es gibt das Programm „Hallo Nachbar“, bei dem Ehrenamtliche Hilfe im Alltag bieten, etwa wenn eine Glühbirne gewechselt werden muss, oder der Wasserhahn tropft. Und im vorigen Jahr konnten wir den Bewegungsparcours am Schweizerbach in Beutelsbach einweihen.
Auf welches Projekt sind Sie am meisten stolz?
Das ist der Bewegungsparcours. Für ihn ist es uns gelungen, 25 000 Euro an Spenden zu sammeln. Außerdem bin ich auf den Panoramaweg stolz und auf die Zertifizierung des Einzelhandels hinsichtlich Seniorenfreundlichkeit, die wir seit sechs Jahren machen. Einige Händler sind auf unsere Kritik bereits eingegangen, haben etwa Stühle in ihren Läden aufgestellt und ermöglichen die Benutzung ihrer Toiletten. Auch für die Gastronomie haben wir einen Kriterienkatalog für Barrierefreiheit und seniorenfreundlichen Service entwickelt.
Woran arbeiten Sie aktuell?
Ein neues Highlight ist die Wohnberatung. In Stuttgart und einigen Rems-Murr-Kommunen gibt es so etwas schon. Da macht es das Rote Kreuz. Nach dem Motto zu Hause wohnen so lange es geht, wollen nun Ina Steiner und ich in Kooperation mit der Stadt so etwas auch in Weinstadt anbieten. Erste Beratungen hatten wir schon. Denn es gibt viele segensreiche Hilfen.
Zum Beispiel?
Kürzlich war ich etwa bei einer Dame, die schwer hört. Ich habe ihr vorgeschlagen für die Hausklingel ein Lichtsignal anzubringen. Und für den neuen Badewannenlift, bei dem sie sich bei der Bedienung unsicher war, habe ich ihr jemand vermittelt, der es ihr zeigt. So gibt es viele Hilfsmittel, für die keine Umbauten nötig sind und die mitunter der Hausarzt verschreiben kann, oder die durch die Pflegeversicherung abgedeckt sind. Zudem sind wir vom Seniorenrat dabei, die Einladungen der Stadt zur Seniorenfeier zu verteilen, bereiten die nächste Zertifizierung des Einzelhandels vor und sind mit der Organisation der Kreisseniorenmesse beschäftigt, die wir nächstes Jahr am 26. April ausrichten.
Welche Themen gibt es aus Ihrer Sicht in Weinstadt noch zu beackern?
Ein Dauerthema sind die Gehwege. Die meisten sind mit zehn bis 15 Zentimeter viel zu hoch für Menschen mit Rollatoren oder auch mit Kinderwagen. Wir haben daher eine Vereinbarung mit der Stadt, dass dort, wo neue Straßenzüge angelegt werden, die Bordsteine abgesenkt werden. Um die Umsetzung zu beschleunigen, werden wir immer wieder beim Oberbürgermeister und beim Baubürgermeister vorstellig. Zudem sind wir immer dran, Sponsoren zu finden, um weitere Bänke aufstellen zu können. Und die Busverbindungen sind noch schwierig. Denn wenn man Ältere auffordert, sich nicht mehr ans Steuer zu setzen, dann müssen sie anderweitig die Möglichkeit haben, zum Arzt oder zum Einkaufen zu fahren.
Was wünschen Sie sich für die nächsten 15 Jahre Stadtseniorenrat?
Ich wünsche mir, dass es weiterhin Menschen gibt, die Zeit mitbringen und die Sache genauso mit Herzblut verfolgen, und dass das Miteinander von Jung und Alt noch besser wird, es mehr Verständnis füreinander gibt und auch Junge, die gehandicapt sind, miteingebunden werden. Zudem hoffe ich, dass wir den Standard dessen, was wir bisher umgesetzt haben, auch halten können. Durch das Ehrenamt können wir das finanzieren. Und ich wünsche mir, dass möglichst viele gesund bleiben und trotz ihrer Zipperlein rausgehen und beispielsweise in den Singkreis kommen.